"El Club" Brisante Satire über Pädophilie bei Priestern

Düsseldorf · "El Club" inszeniert in fahlen Bildern eine Geschichte zwischen schwarzem Humor und Tragik.

 Drei der ehemaligen Priester im chilenischen Film "El Club": Alfredo Castro, Alejandro Goic und Jaime Vadell.

Drei der ehemaligen Priester im chilenischen Film "El Club": Alfredo Castro, Alejandro Goic und Jaime Vadell.

Foto: dpa, lus

Es beginnt wie eine dieser harmlosen Rentner-Gaunerkomödien: Vier ältere Männer leben an der rauen Nordküste Chiles abgelegen in einer WG und gehen mit einigem Ehrgeiz einem heimlichen Hobby nach: Hunderennen.

Gemeinsam haben die schrulligen Einzelgänger einen Windhund abgerichtet. Mit eigenwilligen Methoden haben sie ihn scharf gemacht aufs Laufen, haben ihm unter anderem in einem Schuppen ein Laufband gebaut, und so ist das Tier zum Champion geworden. Doch zu den Rennen gehen die Männer nie selbst. Sie beobachten die Siege ihres Stars mit dem Fernglas. Aus sicherer Entfernung.

Bald stellt sich heraus, dass die Herren nicht Distanz wahren wollen zum zwielichtigen Milieu der Hundeschinder. Vielmehr soll die Welt vor den Männern in Sicherheit gebracht werden: Die Vier sind vorbestraft wegen Pädophilie. Und sie sind ehemalige Priester.

Eine bizarre Ausgangslage hat der chilenische Regisseur Pablo Larraín für seinen Film "El Club" gewählt und so ein Experimentierfeld geöffnet, auf dem es bald zur Sache geht. Ein Neuzugang kommt in die WG, die sich als offener Strafvollzug von Kirchengnaden entpuppt und von einer auch nicht gerade harmlosen ehemaligen Nonne geleitet wird. Der neue Priester nimmt sich das Leben, und so schickt die Kirche einen Ermittler aus den eigenen Reihen, einen strengen Asketen mit unklaren Absichten.

Die verlotterte WG gerät unter Druck - und so zeigt sich bald das wahre Ausmaß an Desillusionierung, Amoralität, Nihilismus in der Gemeinschaft der Geschassten. Und die Heuchelei auf Seiten der Kirche, die sie verstieß. Jedenfalls sind die Hunderennen bald das geringste Übel im Haus an der Küste.

Man könnte das alles abtun als überzogene Satire, als schwarzhumorigen, schlechten Scherz. Doch dazu meint es "El Club" viel zu ernst. Der Film ist spannend von der ersten Sekunde, weil er die Rollen von Gut und Böse nicht klar verteilt. Keine der Figuren steht moralisch auf sicherem Grund, doch ahnt man, dass diese schlechten Menschen einmal Ideale besaßen und genauso an sich selbst gescheitert sind wie an der Institution, die von ihren Neigungen nichts wissen wollte. Und nun leben die Männer mit stillem, grauem Trotz gegen die eigene Verachtung an, wetten auf Hunde, weil das Geld bringt. Und weil ihnen kein anderes Feld für ein bisschen Selbstachtung bleibt.

"El Club" ist ein trister Film. Die Leute im Ort sind misstrauisch, die Farben wirken fahl, die Natur ist so ausgelaugt wie die Menschen, die sich an nichts mehr halten können. Auch der eigene Glaube ist ihnen abhanden gekommen. Doch diese Tristesse ist nicht langweilig, sie ist bedrohlich. "El Club" versucht eben nicht, Mitleid zu erregen mit pädophilen Männern, die den Kampf gegen sich selbst verloren haben und andere zu Opfern machten. Der Film beschönigt und beschwichtigt nichts. Doch er setzt den Zuschauer der totalen Hoffnungslosigkeit aus, mit der Menschen leben müssen, die alle Achtung verloren haben. Auch vor sich selbst. Darum ist diese schwarze Satire so erschütternd.

Larraín erzählt aus einer Hölle, die menschengeschaffen ist. Und in der Humor nur als Sarkasmus überlebt. Das ist so bitter komisch, dass einem das Lachen vergeht.

"El Club", Chile 2015. Drehbuch: Guillermo Calderón, Pablo Larraín. Regie: Pablo Larraín. Laufzeit: 98 Minuten

(dok)
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