Meeresverschmutzung Die ganz und gar nicht perfekte Welle
In der Regel sind Surfer sprichwörtlich entspannt, aber die zunehmende Vermüllung von Wellen und Stränden alarmiert sie. Per Crowdfunding versucht die Deutsche Inka Reichert nun, einen Dokumentarfilm darüber zu realisieren.
Zwei Herzen schlagen, ach, in der Brust von Inka Reichert. Einerseits liebt die 30-Jährige schon seit rund 15 Jahren das Wellenreiten und ist angeekelt, wenn sie ihren Sport inmitten von Chemikalienschaum, Kondomen oder Massen kleiner Plastikteile ausüben muss. Andererseits ist sie von Beruf Wissenschaftsjournalistin — und damit der Neutralität verpflichtet.
Deshalb dreht die gebürtige Würzburgerin derzeit einen Dokumentarfilm über das vernachlässigte Thema, in dem alle Beteiligten zu Wort kommen sollen — neben verärgerten Surfern auch Industrielle und Politiker. 10.000 Kilometer hat sie dafür in den vergangenen Monaten mit ihrem Bulli "Ute" zurückgelegt, kreuz und quer durch Europa. Rund 20.000 Euro kostet die Produktion von "White Waves".
Die hätte sie durch Finanzspritzen von Umweltorganisationen erhalten können, sagt Reichert. Um komplett unabhängig recherchieren zu können, habe sie sich aber dagegen entschieden. Reichert, die in Dortmund Wissenschaftsjournalismus studiert hat und seit drei Jahren in Valencia lebt, ist Idealistin — ideologisch verbohrt ist sie nicht: "Einfach eine Partei anzuklagen macht gar keinen Sinn", sagt sie. "Sicher gibt es kein Unternehmen oder keine Regierung, die mutwillig das Meer verschmutzt." Mit klassischer Vor-Ort-Recherche will sie das komplette Bild zusammensetzen.
Rund 12.000 Euro, also 60 Prozent der Zielsumme, haben 122 Unterstützer aus aller Welt bislang zugesagt, doch die Zeit wird knapp: Am Freitag, den 17. Juli, endet die Crowdfunding-Kampagne unter http://de.ulule.com/white-waves, an der jeder mit Spenden ab 5 Euro mitwirken kann. Falls bis Freitag nicht die komplette Summe zusammenkommen sollte, stünde Reichert wieder bei null.
Dann bliebe das Rätsel der massenweise angeschwemmten Plastikteile bis auf Weiteres ungelöst. Diese "Biomedia", so der Fachbegriff, haben Reichert und ihr Team an allen Stränden gefunden, die sie während ihrer Recherchereisen besucht haben, ob in Spanien, Frankreich oder England. Ihr Protagonist François erhält Mails von Menschen der ganzen Welt, die die Ringe auch an "ihren" Stränden finden.
"Wir schaffen das schon!", zeigt sich Reichert optimistisch. Einen echten Plan B gibt es allerdings nicht. Wohl oder übel würden sie und ihr Team versuchen, andere Sponsoren zu finden. In Frage kämen aber weiterhin nur solche, die nicht direkt mit dem Thema zu tun haben.
Kaufen lassen will sie sich nicht. Auch nicht von der guten Seite.