"Der Stern von Indien" Verwicklungen in Staat und Liebe

Düsseldorf · Gruinder Chadha drehte "Der Stern von Indien" als Parabel über wirre politische Zeitläufte.

 Szene aus "Der Stern von Indien" mit Manish Dayal als Jeet und Huma Qureshi als Aalia.

Szene aus "Der Stern von Indien" mit Manish Dayal als Jeet und Huma Qureshi als Aalia.

Foto: dpa, kde

Vor siebzig Jahren endete die britische Kolonialherrschaft in Indien. Die Unabhängigkeit führte zur Teilung des Landes in das muslimische Pakistan und den säkularen Staat des südasiatischen Indiens mit einer mehrheitlich hinduistischen Bevölkerung.

In deren Folge kamen über eine Millionen Menschen durch religiös motivierte Unruhen ums Leben, mehr als 14 Millionen mussten aus ihrer Heimat flüchten. Die britisch-indische Filmemacherin Gurinder Chadha ("Kick It Like Beckham") reist nun zurück zu jenem historischem Moment, in dem sich die Euphorie über die Unabhängigkeit mit einer enormen nationalen Leiderfahrung mischte, die bis in die politische Gegenwart des indischen Subkontinentes nachwirkt.

Der Film beginnt mit der Ankunft von Lord Mountbatten (Hugh Bonneville) in Delhi, der im Auftrag Ihrer Majestät als letzter Vizekönig von Indien das Land zügig in die Unabhängigkeit entlassen soll. Mountbatton und seine Frau Edwina gehen das Unternehmen mit Enthusiasmus und humanistisch-liberaler Gesinnung an. Der Lord ist bekannt für kommunikatives Geschick und politischen Pragmatismus.

Solche Begabungen sind vonnöten, um die zerstrittenen Parteien an einen Tisch zu bekommen. Mahatma Ghandi (Neeraj Khabi) und der Gründer der Kongresspartei Jawaharlal Nehru (Tanver Ghani) hoffen auf ein geeintes, säkulares Indien. Muhammad Ali Jinnah (Denzil Smith) hingegen will einen eigenen Staat für die Minderheit der Muslime. Die Zerrissenheit spiegelt sich auch im vizeköniglichen Palast mit seinen 300 Zimmern und 500 Hausangestellten.

Auf dieser zweiten Erzählebene rückt der Film die Liebesgeschichte zwischen der muslimischen Übersetzerin Aalia (Humra Qureshi) und dem Sikh-Kammerdiener Jeet (Manish Dayal) ins Zentrum, deren Beziehung in den aufloderenden religiösen Konflikten zerrieben wird. Chada erzählt hier auch die Geschichte ihrer Großeltern, die im Zuge der Teilung auf ähnlich dramatische Weise zwischen die Fronten geraten sind. Umso mehr wundert es, dass dieser Teil allzu sehr in klassischen Romeo-und-Julia-Klischees stecken bleibt. Humra Qureshi und Manish Dayal geben zwar optisch ein wunderhübsches Bollywood-Paar ab, wirken als Liebende in dialogischer Hinsicht allerdings etwas unterbelichtet.

Recht gelungen hingegen ist die popkulturelle Verbindung von opulentem Kostümfilm und zeithistorischer Analyse. Der Film zeigt, dass Mountbatten letztlich nur eine tragische Marionetten-Figur war, die, ohne es zu wissen, den geostrategischen Interessen des zerfallenden Empires und den Kalter-Krieg-Plänen Churchills diente.

(RP)
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