"Atomic Blonde" im Kino Charlize Theron kämpft sich als eiskalte Spionin durch Berlin

Düsseldorf · High Heels, harte Fäuste und jede Menge Action: Charlize Theron langt in dem Agenten-Thriller "Atomic Blonde" kräftig zu. Regisseur David Leitch schickt die Schauspielerin als britische Spionin kurz vor dem Mauerfall ins geteilte Berlin.

Sie liegt in einer Badewanne voller Eiswürfel. Gesicht und Haare weiß wie die Wand. Der Körper übersät mit Platzwunden und Blutergüssen. Ihre Hand lässt ein paar Eiswürfel aus dem Badewasser in ein Glas gleiten und füllt es mit Wodka auf, den sie mit einem kaum hörbaren Raunen in sich hinein fließen lässt. Ihr Name ist Lorraine Broughton. Agentin Ihrer Majestät und eine eiskalte Kriegerin in einem Kalten Krieg, der im Berlin des Jahres 1989 scheinbar gerade zu Ende geht.

Wenige Wochen vor dem Mauerfall wird Lorraine vom MI6 dorthin geschickt, um einen Doppelagenten zu enttarnen. Während sich im Osten der Stadt Demonstrationen formieren, kämpft sich die Agentin durch den weit verzweigten Spionageuntergrund auf beiden Seiten der Mauer. Dabei werden die Verwicklungen zwischen KGB, MI6, BND und CIA mit Fortschreiten der Filmhandlungen immer unübersichtlicher, aber darauf kommt es in David Leitchs Agenten-Action-Film "Atomic Blonde" nicht an. Schließlich diente hier nicht ein sorgfältig recherchierter Roman von John Le Carré als Vorlage, sondern der Comic "The Coldest City" von Antony Johnston und Sam Hart, dem historische Fakten und Plotkonventionen weniger wichtig sind als die Coolness seiner beinharten Heldin.

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Charlize Theron spielt diese Lorraine mit platinblondem Pony-Bob, knallroten Stilettos, wechselnder Designer-Trikotage und mörderischer Kompromisslosigkeit. Theron hat sich in den vergangenen Jahren ihren Status als Fantasy- und Action-Star eindrucksvoll erarbeitet: als oberfiese Stiefmutter Ravenna in "Snow White and the Huntsman" oder als einarmige Furiosa in "Mad Max: Fury Road".

In "Atomic Blonde" setzt sie noch einmal eins drauf und präsentiert ihre Heldin als eiskalte Kämpferin, die kraftvoll austeilen und vor allem auch einstecken kann. Therons physische Präsenz ist das Herz des Filmes, der seine Protagonistin zügig von einer Action-Szene in die nächste jagt. Leitch hat sich in Hollywood vom Stuntman zum Regisseur hochgearbeitet, und seine Kampfchoreografien haben nichts mit den durchdigitalisierten Schnittgewittern moderner Blockbuster zu tun. Wenn die Keilerei beginnt, tritt die Kamera erst einmal zurück, um die Arena zu zeigen, und wird dann selbst mit hoher Mobilität Teil des Geschehens. Fast acht Minuten dauert beispielsweise eine begnadete Schlägerei, in der Lorraine ein gutes Dutzend KGB-Agenten nach Strich und Faden vermöbelt, die Inneneinrichtung der Wohnung zerlegt, verschiedenste Haushaltsgegenstände in tödliche Waffen verwandelt und ihre Gegner mit halsbrecherischer Akrobatik durch das Treppenhaus prügelt.

Solche Szenen sind mit ihrer rohen Körperlichkeit sicherlich nichts für Zartbesaitete, aber handwerklich derart furios orchestriert, dass man sich ihrem Sog nicht entziehen kann. Keine verlogenen Superhelden-Gefechte, in denen die Gegner wie die Fliegen sterben, aber die eingesetzte Gewalt für Spider-, Super-, oder Ironman keinerlei Konsequenzen hat. Die Wunden, die Lorraine im Kampf davon trägt, lassen Bruce Willis mit den paar Schrammen in "Stirb langsam" wie einen Simulanten erscheinen. Unter den weiblichen Action-Ikonen, die in diesem Jahr von Scarlett Johanssons "Ghost in the Shell" bis zu Gal Gadots "Wonder Woman" die Leinwand erobern, ist Therons Agentin sicherlich die kompromissloseste Figur, die keine idealistischen Ziele verfolgt, sondern einfach ihren Job macht. Zu ihrer ruppigen Coolness passt der schmuddelige B-Movie-Look des Films. Unterlegt wird das durchgehend stilisierte und historisch unkorrekte Geschehen von einem lässigen 80er-Soundtrack, in dem von David Bowies "Cat People" bis zu Nenas "99 Luftballons" zeitgenössisches Liedgut effizient zum Einsatz gebracht wird.

Atomic Blonde, USA/D/S 2017 Regie: David Leitch mit Charlize Theron, James McAvoy, John Goodman, 115 Min.

(RP)
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