"Dschihad Calling": Vom Studenten zum Kämpfer Allahs

Jakob geht es gut. Der Dortmunder hat eine tolle Freundin, ein tolles Zimmer, einen tollen Studienplatz, einen tollen Nebenjob, als er auf die verschleierte Samira trifft. Die selbstbewusste Islamistin fasziniert ihn. Ihretwegen besucht er ein Treffen der Salafisten. Er spürt, dass ihm in seinem Wohlstandsleben etwas fehlt. Über Samira lernt er deren Bruder Adil kennen und freundet sich mit ihm an. Binnen Monaten wird Jakob zum Salafisten und will mit Adil als Kämpfer für den Islamischen Staat (IS) nach Syrien ziehen.

Rasant und realistisch erzählt Christian Linker in "Dschihad Calling" die Geschichte von Jakobs Bekehrung zum Islam und seiner Radikalisierung. Das gelingt ihm ohne erhobenen Zeigefinger. Das ist die Stärke des Thrillers, der sprachlich schlicht erzählt, wie schnell junge Deutsche in den Sog des IS geraten können. Jakob hat alles, und doch fühlt er vor allem im Beisein seiner Freundin Liz eine unterschwellige Unzufriedenheit. "Sie stellte nie irgendwas infrage, schien keinerlei Zweifel an sich selbst oder dem Leben oder dem Universum zu haben." In der Gemeinschaft der Salafisten findet Jakob Sinn und Werte.

Der Leverkusener Autor hat gründlich recherchiert. Er meldete sich in Internetchats von Salafisten und muslimischen Hardlinern an, besuchte deren Veranstaltungen, nahm Kontakt mit dem Aktivisten Sven Lau auf. Man lernt viel über den Islam und versteht, was Jakob daran fasziniert.

Linker gliedert den Roman in zwei Erzählstränge: Jakob schildert seine Radikalisierung rückblickend, während er im Gefängnis sitzt - verhaftet wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Seine Erinnerungen wechseln sich ab, mit den Tagebuch-Einträgen von Adil, der ihm aus Syrien schreibt: von der brutalen Realität des Kriegs bis zum bitteren Ende. Lesenswert - nicht nur für Jugendliche.

(RP)
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