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Diese Zukunft duldet nur Paare

"The Lobster" erzählt von einer künftigen Gesellschaft, die keine Singles mag.

Es ist nicht gut, dass der Mensch alleine sei, mahnt die Bibel. In der Zukunftsgesellschaft, aus der "The Lobster" erzählt, ist das Alleinsein ein nicht zu tolerierender Makel. Mit trockenem, bitterem Humor schildert der griechische Regisseur Yorgos Lanthimos, wie das Alleinsein als gefährliche Krankheit behandelt wird. Die Betroffenen werden sofort aus ihrem bisherigen Leben geholt, kaum, dass ihr Partner gestorben ist oder sie verlassen hat.

Erst nach und nach enthüllt Lanthimos den ganzen, als Fürsorglichkeit aufgeputzten Wahnsinn des Systems. Die Vereinzelten werden in ein Landhotel gebracht, wo sie 45 Tage Zeit haben, einen neuen Partner zu finden. Wobei das Suchen nach einem bloß den Puls beschleunigenden Gegenüber verboten ist. Ein groteskes Einteilungssystem benennt die prägende Eigenschaft eines Menschen und verlangt, dass ein Partner mit derselben Auffälligkeit - häufiges Nasenbluten oder völlige Gefühlskälte - gewählt wird. Wer nicht fündig wird, hat sein Dasein als Mensch verwirkt. Er wird zu einem Tier umoperiert, immerhin zu einem seiner Wahl.

Mag sein, dass "The Lobster" von einer Gesellschaft inspiriert ist, die Partnervermittlung zur Boombranche macht und mit immer neuen Methoden das Finden des perfekten Gegenübers sichern will. Aber der Film hat eine universalere Wirkung, er zielt auf intolerantes Denken und Kontrollwahn in allen Bereichen. Wer nicht zum System passt, soll verschwinden, etwa zum Tier werden.

Kritischer linker Pessimismus hakt sich hier bei antiken Mythen unter, bei Ovids Metamorphosen. Das wird mit feinen Schauspielern - Colin Farrell, Rachel Weisz, Jessica Barden - unaufgeregt umgesetzt. Die surrealen Filme von Luis Bunuel standen hier deutlicher noch als bei früheren Arbeiten von Lanthimos ("Dogtooth", "Alpen") Pate, aber man kann auch Spuren von François Truffauts Dystopie-Klassiker "Fahrenheit 451" entdecken. In dessen Welt der Bücherverbrennung flüchten die letzten Leser in die Wälder, wo sie auswendig gelernte Literatur lebendig halten.

Lanthimos hat nicht so viel Zutrauen in die Opposition. Colin Farrell spielt einen Verlassenen, der sich in den Wald davonmacht, wo andere Systemflüchtige als Gejagte leben. Aber die Aussteiger betreiben einen Single-Kult, der so engstirnig ist wie die Zweisamkeitsdoktrin der Mehrheit und noch rigider erzwungen wird. Wer möchte, kann in "The Lobster" auch noch die Stichelei eines Griechen sehen, der sein Land im Klammergriff falscher EU-Regeln wähnt. Gute Satiren treffen viele Ziele auf einmal.

(RP)
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