Düsseldorf Der tiefe Fall eines Oscar-Gewinners

Düsseldorf · Michael Cimino, Regisseur des großen Kino-Flops "Heaven's Gate", ist gestorben.

Jetzt möchte man allen empfehlen, sich diesen Film noch einmal anzusehen, diesen faszinierenden, überbordenden und detailverliebten Western, diese mitreißende und ausufernde Geschichte mit Kris Kristofferson, die den Titel "Heaven's Gate" trägt und einer der größten Flops der Filmgeschichte ist. Michael Cimino hat ihn gedreht und 1980 ins Kino gebracht, er galt als unglaubliches Talent damals, aber die Kritiker verrissen das Dreieinhalb-Stunden-Epos aufs Heftigste, das Publikum blieb fern, und der Misserfolg trieb die United-Artists-Studios in den Ruin: Der Verlust soll 140 Millionen Dollar betragen haben. Man ließ Cimino fallen, er drehte nicht mal mehr eine Handvoll Filme, und nun ist er tot.

"Ich wünschte, ich hätte ihm zu Lebzeiten Tribut gezollt", schrieb Kollege William Friedkin ("Der Exorzist") gestern bei Twitter, nachdem er erfahren hatte, dass Cimino tot in seinem Haus in Beverly Hills gefunden worden war. Wahrscheinlich wird es vielen Weggefährten ähnlich gehen, denn der Sturz diesen Mannes ist einzigartig.

Er hatte sich bereits mit Werbefilmen und Drehbüchern etwa für "Dirty Harry" einen Namen gemacht, als er für sein Spielfilm-Debüt "Den Letzten beißen die Hunde" 1974 Clint Eastwood und Jeff Bridges verpflichten konnte. Gleich danach drehte er "Die durch die Hölle gehen", das Meisterwerk über den Vietnamkrieg, und wer es gesehen hat, wird nie die Szene vergessen, in der Robert De Niro und Christopher Walken Russisch Roulette spielen müssen. Fünf Oscars gewann die Produktion 1979, darunter den für die beste Regie.

Das Studio wollte nachlegen, "Heaven's Gate" sollte bei den Oscars triumphieren. Das Budget lag bei sieben Millionen, aber Cimino brauchte das Sechsfache, weil er sich elend viel Zeit ließ und jede Szene Dutzende Male drehte. Er lehnte Jane Fonda ab, weil er die damals wenig bekannte Isabelle Huppert wollte, und er wartete tagelang auf gutes Wetter für Landschaftsaufnahmen von wenigen Sekunden Länge. Er häufte 200 Stunden Material an, und die hämisch verlachte 219-Minuten-Fassung, die schließlich ins Kino kam, geriet zum Fiasko.

Cimino galt danach als Witzfigur, Cineasten indes priesen seinen eigenwilligen Stil. Cimino drehte nur noch vier Filme, darunter den tollen Thriller "Im Jahr des Drachen" (1985) mit Mickey Rourke. 2012 wurde "Heaven's Gate" restauriert und beim Festival in Venedig aufgeführt. Der Film erhielt stehende Ovationen, aber Cimino blieb nicht viel Zeit, die Wertschätzung nach Jahrzehnten des Gemiedenwerdens zu genießen. Er wurde 77 Jahre alt.

(hols)
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