"Die Herzlosen" Thriller über eine Freundschaft am Abgrund

Düsseldorf · RP-Redakteur Jörg Isringhaus spiegelt in seinem Roman "Die Herzlosen" bekannte Verbrechensfälle.

 Jörg Isringhaus.

Jörg Isringhaus.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Raphael und Lukas sind Freunde. Zwei Männer, die viel voneinander wissen und wenig darüber reden. Kumpel also, von Kindheit an. Dabei hat sie das Leben auseinander getrieben. Wohl auch, weil sie so unterschiedliche Typen sind. Raphael ist irgendwann ins Milieu geraten, arbeitet für einen brutalen Kerl, mit dem er eigentlich nichts mehr zu schaffen haben will, aber der Absprung gestaltet sich schwierig. Lukas dagegen ist Polizist, ein sympathischer Kripomann, kein Bürokrat, kein Macho. Jedenfalls treffen sich die beiden Männer einmal im Monat, reden über das Leben, Frauen und ihre große Leidenschaft: Westernfilme. Über das, was sie machen, um Geld zu verdienen, reden sie nicht. Dabei werden sich ihre Welten berühren. Abgründe werden sich auftun - im wahrsten Sinne des Wortes.

In "Die Herzlosen" erzählt Jörg Isringhaus von einer Männerfreundschaft, die auf die Probe gestellt wird, durch ein Verbrechen, dessen grausames Ausmaß sich eigentlich der Vorstellung entzieht. Gekonnt schneidet Isringhaus mit diesen Hauptfiguren Szenen aus der Halbwelt und Kripoalltag gegeneinander. In beiden Milieus kennt sich der langjährige Reporter der Rheinischen Post aus. So wirken seine Figuren lebensecht, seine Szenen nie ausgedacht und er weiß, seine Geschichte präzise, reduziert und mit hohem Tempo zu erzählen. Erschienen ist das Buch in der Edition EP, die der frühere Verleger und heutige Literaturagent Ernst Piper bei Amazon aufbaut. Dort wird demnächst auch ein älteres Buch von Isringhaus erscheinen, der leicht groteske Krimi "Rache auf Russisch".

Was sich in den "Herzlosen" vor dem Leser auftut, ist nichts für zarte Gemüter. Raphaels Chef ist nicht nur im Drogengeschäft aktiv und betreibt Bordelle, er ist auch in Menschenschmuggel verwickelt und nutzt auf perfide Weise eine Schwäche von Frauen auf der Flucht: dass sie niemand vermisst.

Lukas als Kriminalbeamter und Raphael als ahnungsloser Handlanger werden immer tiefer in verbrecherischen Strukturen hineingezogen, die auch der Leser nur langsam durchschaut. Dunkle Gänge öffnen sich, Perversionen treten zu Tage. Das ist spannend. Und erschütternd, als sich abzeichnet, was eigentlich hinter den Machenschaften steckt, hier aber nicht verraten werden soll.

Isringhaus hat grausame Verbrechensfälle aus der jüngeren Vergangenheit in seinen Roman gespiegelt. Er hat weitergedacht, was denkbar ist, seit man Verbrecher wie Marc Dutroux, Josef Fritzl oder Wolfgang Priklopil auf die Spur kam. Bald wünscht man sich beim Lesen in die Anfangsszenen des Romans zurück, als Raphael und Lukas noch arglos im Café sitzen und über Frauen sprechen und über ihre liebsten Western. Auch auf dem staubigen Platz zwischen Saloon und Kirche wurde schon manche Grausamkeiten ausgetragen. Mann gegen Mann. Aber nichts gegen das, was Lukas und Raphael in "Die Herzlosen" bald erleben werden.

(dok)
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