Kursiv gesetzte Botschaft Richter verfasst Sakrileg-Urteil im "Smithy Code"

London (rpo). Wie die Bücher, so die Urteilsverkündung: Die Anwälte in London und New York müssen das Urteil im Plagiatsprozess gegen Bestseller-Autor Dan Brown regelrecht entschlüsseln. Der Richter am Hohen Gericht in London, Peter Smith, schreib es im "Smithy Code". Er versah die Abweisung der Klage der Sachbuchautoren Michael Baigent und Richard Leigh mit kursiv gesetzten Botschaften - ganz nach dem Vorbild der beiden Bücher, Browns "Sakrileg" ("The Da Vinci Code") und "Der heilige Gral und seine Erben" der Kläger.

Schon bald nach der Urteilsverkündung am 7. April, mit der Smith die Klage abwies, entdeckten Juristen in der 71-seitigen Urteilsbegründung seltsame Kursivsetzungen im Text. Im ersten der insgesamt 360 Absätze ist das "s" im Wort "claimants" (Kläger) kursiv gesetzt, im nächsten Absatz das "m" im selben Wort. So ergeben sich in den ersten sieben Absätzen die Worte "Smithy Code" - dann wird es deutlich schwieriger, die Kursivsetzungen zu entschlüsseln. Smith setzt die Verschlüsselungsmethode Leonardo da Vincis ein, die in beiden Büchern eine Rolle spielt. "Eine Botschaft in dieser Art zu verschlüsseln, in einem Urteil des Hohen Gerichts? Es ist in der Welt", sagt David Tench von der Londoner Anwaltskanzlei Olswang. "Es ändert nichts an der Gültigkeit des Urteils. Er (Smith) hat sich einfach einen Spaß erlaubt."

Smith selbst bestätigte in einem AP-Gespräch die verschlüsselte Botschaft indirekt: "Das sieht doch nicht nach Druckfehlern aus, oder?" Es sei nicht schwer, den Code zu entschlüsseln. Vielleicht werde er demjenigen, der die richtige Lösung finde, auch bestätigen, das dem so sei, fügte er hinzu.

In beiden Büchern geht es um die von Historikern und Theologen zurückgewiesene These, Jesus habe Maria Magdalena geheiratet und ein Kind mit ihr gehabt. "Sakrileg" wurde weltweit mehr als 40 Millionen mal verkauft, die Verkaufszahlen für das 1982 erschienene Buch vom "Heiligen Gral und seinen Erben" zogen während des Prozesses deutlich an.

Das Interesse an der Entschlüsselung der 25 Kursivbuchstaben in den ersten 14 Seiten der Urteilsbegründung erklärt Tench so: "Ich denke, das fasziniert vor allem Amerikaner. Einen britischen, seriösen Richter zu haben, der ein Urteil auf diese Weise verschlüsselt, ist ein toller Spaß."

Mark Stevens ist einer der Juristen, der unbedingt den "Smithy Code" knacken will. "Es ist bekannt, dass Richter hin und wieder sehr raffinierte und unterhaltsame Urteile schreiben", sagt er. "Den Trend gibt es schon länger - ein Richter hat mal ein Urteil in Versen gefällt."

(ap)
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