Literaturnobelpreis für Swetlana Alexijewitsch Ein großer Tag für die Freiheit des Wortes

Meinung | Stockholm · Swetlana Alexijewitsch ist in den vergangenen Tagen so beherzt als aussichtsreichste Kandidatin für den Literaturnobelpreis gehandelt worden, dass man kaum noch hoffen durfte, die Weißrussin könnte es bis ins Ziel schaffen.

 Der Literaturnobelpreis geht an Swetlana Alexijewitsch.

Der Literaturnobelpreis geht an Swetlana Alexijewitsch.

Foto: dpa, ade fdt olg soe

Es gelang trotzdem. Die vermeintlich größte Literaturauszeichnung ist der Triumph einer bescheidenen Autorin, die Unterdrückung und Verfolgung bis heute erträgt und schonungslos ist — im hohen Maße gegen sich selbst. Stockholm ehrt eine engagierte, unerschrockene Frau, die mit ihrer dokumentarischen Literatur fast eine eigene Gattung erfunden und sie zu hoher Kunst entwickelt hat.

Ihr Werk ist die Stimmen-Sammlung von Menschen in Not und Leid, die sie zu einer großen Anklage inszeniert und komponiert. Dass man ihre dickleibigen Bücher dabei oft nur in kleinen Portionen genießen kann, ist der Ausweis ihrer Qualität und kein Zeichen eines Mangels.

Mit Swetlana Alexijewitsch als Preisträgerin wird zunächst die Macht des literarischen Wortes geehrt; aber eben auch die fast schon vergessene politische Kraft der Dichtung. Niemand weiß, wie groß die Wirkung engagierter Literatur ist. Wahrscheinlich wird kein Machthaber von ihr gestürzt.

Aber sie wirkt unaufhörlich in den Köpfen der Menschen — als Mutmacher und Kraftspender. Der gestrige Tag muss gefeiert werden: ein großer Tag für die Literatur und die Freiheit des Wortes, ein großer Tag für die Demokratie und Europa.

(los)
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