Düsseldorf Bonbonbunte Eleganz

Düsseldorf · Herausfordernd und heiter: der Ballettabend "b.33" in der Rheinoper.

Regungslos stehen sie da, als sich der Vorhang hebt. Vier Tänzer und eine Tänzerin, vor blauem Hintergrund von hellem Licht bestrahlt. Für einige Momente lauschen sie der Musik. Dann fassen sie sich an den Händen, bilden eine Kette und springen übermütig los.

George Balanchines Ballett "Stravinsky Violin Concerto" ist ein großartiger Auftakt zum Ballettabend "b.33" in der Rheinoper. Die 1972 geschaffene Choreografie fasziniert als feinfühlig ausbalancierte Melange von Musik und Bewegung. Das Orchester mit dem Solo-Violonisten Marc Bouchkov scheint die Tänzer anzuspornen, wenn sie wie im Übungsraum klassische Ballett-Positionen einnehmen oder in ausgelassenem Ringelreihen über die Bühne stürmen. Zwei geschmeidige Pas de deux erzählen von Hingabe und Verschmelzung, bevor alle wieder loswirbeln, vorwärts strebend wie neugierige Kinder.

Das Publikum ist einhellig begeistert und in der Pause frohgemut gestimmt. Dann das Kontrastprogramm: die Uraufführung "Roses of Shadow" mit der Auftragskomposition von Adriana Hölszky, eine "Klangchoreografie für Sopran und acht Instrumentalisten". Zu hören ist ein aus fremdartigen Tönen und seltsamen Geräuschen gewebter Klangteppich. Mit wiederkehrenden Gongschlägen, die von Endzeit künden, Tierlauten wie aus dem Dschungel, gurrend, klagend und schrill. Dazwischen eingestreute Wortfetzen und Sprüche, die Hölszky in Indianer-Gedichten aufspürte: "Ich bin mit den Sternen verwandt", "Zieh einen Kreis aus Gedanken um den sanften stillen Berg" oder "Frei wie der Adler, der über dem großen blauen Himmel schwebt". Die Leistung von Sopranistin Angelika Luz, die das alles stemmt, ist bewundernswert. Martin Schläpfer schöpfte aus der Komposition eine düstere, archaisch anmutende Choreografie. Die kantige Skulptur im Bühnenbild unterstreicht: Da ist keine Harmonie, nirgends. Nur Last und Erdenschwere, die sich häufig am Boden entlädt. Und wenn mit einem Ball gespielt wird, einer Weltkugel, schmerzt seine Berührung. Welch eine Herausforderung für die Tänzer. Sie bäumen sich auf, zucken zusammen, flattern verzweifelt mit den Armen, geraten in Hetze, zeigen bei Sequenzen in Zeitlupe ihre unglaubliche Körperbeherrschung. Die Kompagnie ist über jeden Zweifel erhaben und wird wie auch Martin Schläpfer entsprechend gefeiert. In seiner Gesamtheit aber wirkt das 40-minütige Werk eher anstrengend. Es fällt schwer, Hölszkys Vision einer "Hymne auf die Schönheit dieser Erde" darin zu entdecken.

Wie angenehm, dass Schläpfer zum Abschluss mit Hans van Manens "Polish Pieces" von 1995 wieder ein Sahneschnittchen serviert. Zur schnellen Musik von Henryk M. Górecki leben die Tänzer befreit auf. Ihre eng anliegenden bonbonbunten Trikots scheinen auf den Körper gepinselt zu sein. Elegant ziehen sie in strengem Gleichmaß ihre Bahnen, formieren sich zu geometrischen Mustern, geben Raum für einen Pas de deux. Das Ende kommt plötzlich. Schade, hier hätte man gern noch länger zugeschaut.

Frenetischer Jubel für Musiker, Solisten und das wie immer himmlische Ensemble.

(RP)
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