Düsseldorf/Washington Blauer Hahn aus Düsseldorf jetzt in Washington

Düsseldorf/Washington · Nach dem Gastspiel am Londoner Trafalgar Square landet die Skulptur von Katharina Fritsch in den USA.

Die erste Idee zum Hahn ist schon älter als ein Jahrzehnt. Die in Düsseldorf lebende und lehrende Katharina Fritsch beherbergte lange Zeit ein präpariertes Federvieh in ihrem Atelier, das sie faszinierte. Immer wieder schaute sie es an. Sie wusste, es würde schwer werden, den Hahn abzuformen. Er sollte irgendwann zur gigantischen Skulptur heranwachsen.

Jetzt hat dieser fast fünf Meter hohe blaue Hahn eine neue Heimat gefunden, er ist der Eyecatcher auf der Skulpturenterrasse des Washingtoner Museums National Gallery of Art. Die US-Presse feierte die öffentliche Skulptur, direkt neben Präsidentschaftskandidat Donald Trump setzte die New York Times den Gockel auf die Titelseite. Ob darin die Ironie mitgeschwungen hat, die die Künstlerin ihm absichtlich nicht als Beigabe spendierte, aber unabsichtlich vielleicht doch mit kalkulierte?

Hahn heißt auf englisch "cock", umgangssprachlich steht "cock" auch für das männliche Geschlechtsteil. Als der Hahn aus der Düsseldorfer Künstler-Manufaktur in London seine Tournee begann, wo er für mehr als ein Jahr auf dem vierten (leeren) Pfeiler des ehrwürdigen Trafalgar Square thronte, gab es Proteste von einer britischen Denkmalschutztruppe. Ausgerechnet an dem Platz, auf dem dem britischen Nationalhelden Lord Nelson ein Denkmal gesetzt wurde, der 1805 die französische Flotte in der Schlacht von Trafalgar schlug, sollte doch nicht so ein banales blasiertes Federvieh zu stehen kommen, das dazu noch das gallische Wappentier ist. Die Freiheit der Kunst galt am Ende mehr, und Fritschs blauer Hahn hatte eine gute Zeit in London, wo ihn Millionen Touristen ablichteten - und ihm applaudierten.

Dem amerikanischen Sammlerpaar Mitchell und Emily Rales ist es zu verdanken, dass der Hahn jetzt als Dauerleihgabe in Sichtweite des Kapitols auszumachen ist, als ein Symbol für Stärke, Erneuerung und Aufbruch. Die Sammler haben die Nummer eins der Dreier-Auflage erworben, nachdem sie ihn in London gesehen hatten, und weitergereicht. Hahn Nummer zwei ist ebenfalls schon verplant, er wird demnächst im Walker Art Center von Minneapolis stehen - auch als ein Botschafter der Düsseldorfer Kunstszene. Schließlich bleibt der Dritte aus der Produktion, das sogenannte artists piece, im Besitz der Künstlerin.

Mit einer Deutung hält sich Fritsch wie gewohnt bedeckt. "Ich bin mehr an Bildern in 3D interessiert", sagt sie, und dass sie einem Ding oft eine Farbe zuordnet. Ihr Markenzeichen sind die einfarbigen Großskulpturen. Dass nun über Machismus oder antimachistische Tendenzen diskutiert werde, wird der 60-Jährigen gefallen. Überaus aufwendig war die Produktion der durchgearbeiteten Skulptur, zu sieben Kollegen habe man ein Jahr lang im Düsseldorfer Atelier gearbeitet, bevor das Modell nach Sankt Gallen ging. Dort wurde es in einer Spezialgießerei aus einem witterungsbeständigen Epoxidharz in der Vergrößerung abgeformt.

(RP)
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