Morgens ploppt die Nachricht auf dem Bildschirm auf. X hat Geburtstag, Y auch, Z ist übermorgen dran, Facebook, das soziale Netzwerk mit 28 Millionen Mitgliedern in Deutschland, fragt, ob man nicht helfen möchte, diesen Ehrentag zu feiern. Natürlich möchte man, das gehört sich so, wer nicht mitmacht, ist unhöflich! Aber warum sollte sich das so gehören? Und ist es tatsächlich unhöflich, nicht reflexhaft jedem ein "Happy Birthday" auf die Pinnwand zu knallen?

Man müsste wütend auf Facebook sein, weil es den wunderbar-exklusiven Begriff "Freund" verwässert hat. Hier ist erstmal jeder Freund. Hier sieht jeder von jedem, dass er Spaghetti Bollo zu Mittag hatte, ob er in einer komplizierten Beziehung ist oder wie die Urlaubsreise nach Mallorca mit der Gattin war. Facebook macht keinen Unterschied zwischen wirklich guten Freunden, sich sympathisch findenden Bekannten oder vergleichsweisen Unbekannten. Das Netzwerk vermengt sie online alle zu einem großen, virtuellen Freundesbrei. Es gaukelt denen, die sie sich wünschen, zwischenmenschliche Nähe vor. Und es kann ihnen die anstrengende Auseinandersetzung mit der Frage abnehmen, wer wichtig ist im Leben, weil in der Facebook-Welt zunächst alle wichtig sind, die auf der Freundesliste stehen. Offline funktioniert nichts ohne diese Frage. Wer sie ehrlich beantwortet, gibt sich selbst die Antwort, ob allen Facebookfreunden automatisch gratuliert werden muss. Nette Menschen per Pinnwandeintrag zu beglückwünschen ist in Ordnung - wenn der Gruß von Herzen kommt. Was nicht okay und respektlos ist: es nur reflexhaft zu tun. Das wird weder Herzensmenschen gerecht noch sympathischen Bekannten und auch nicht den vergleichsweise Unbekannten - weil es sie entweder zu einer Pflichtaufgabe oder aber alle gleich macht. Und beides hat niemand verdient.