Bischofssynode Jetzt muss der Papst entscheiden

Rom · Die Bischofssynode zu Fragen von Ehe und Sexualität endet mit vielen Impulsen und ohne Entscheidungen. Das war von den knapp 270 Synodenvätern nicht zu erwarten. Dennoch keimt Hoffnung - sie liegt auch in einer künftigen Dezentralisierung.

 Die Bischofssynode hat viele Impulse und wenig Entscheidungen hervorgebracht. Was nun daraus wird, muss wohl Papst Franziskus entscheiden.

Die Bischofssynode hat viele Impulse und wenig Entscheidungen hervorgebracht. Was nun daraus wird, muss wohl Papst Franziskus entscheiden.

Foto: dpa, lb cul

Mit einem Gottesdienst im Petersdom feierten Papst Franziskus und die knapp 270 Synodenväter jetzt den Abschluss der Weltbischofssynode - in der die verschiedenen Sichtweisen über den Kurs der katholischen Kirche sichtbar zum Vorschein kamen. Schon unmittelbar nach der Veröffentlichung eines 50 Seiten langen Abschlussberichts wurde im Vatikan um die Deutungshoheit zu dem Papier gerungen, das den Charakter eines Kompromisses zwischen reformorientierten und traditionalistischen Bischöfen trägt.

Der Abschlussbericht der Synode zum Thema Ehe und Familie sei "ein wirklicher Schritt nach vorn", behauptete Reinhard Kardinal Marx in Rom. Die Bischöfe hätten den Weg des Papstes unterstützt. Ähnlich das Statement des als besonders reformorientiert geltenden Bischofs von Antwerpen, Johan Bonny, der betonte, dass man Zeit brauche, dass Türen geöffnet seien und die Bischöfe sich in einem Prozess befänden.

Hingegen verlautete aus konservativen Kreisen, die Synode habe das Lehramt von Johannes Paul II. "verdreht". Zwischenzeitlich schien mit der Synode gar ein Kulturkampf ausgebrochen zu sein. Eine Schlacht werde ausgetragen zwischen zwei Theologen und zwei Visionen von Kirche, hieß es. Und zwei Deutsche bildeten dabei die Pole: Walter Kardinal Kasper auf Seiten der kritisierten Reformer und Benedikt XVI. auf Seiten der Bewahrer. Auch Schlammschlachten wurden ausgetragen - mit Gerüchten über eine schwere Erkrankung des Pontifexes und einem "vertraulichen" Brief von 13 Reformgegnern, die auf Verfahrensfehler aufmerksam machten.

Papst Franziskus hatte in einem vor zwei Jahren angestoßenen Prozess auf die Hinwendung der katholischen Kirche zu mehr Verständnis für "pastoral schwierige Situationen" gedrängt. Dazu zählen die bis zuletzt auf der Synode umstrittenen Fragen der Beurteilung von Partnerschaften, die nicht dem katholischen Ideal der sakramentalen Ehe entsprechen, und die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion. Diese Streitfragen wurden in dem in allen Punkten mit Zweidrittel-Mehrheit verabschiedeten Bericht offen gelassen. Der Unmut darüber ist bei den reformorientierten Kirchenvolksbewegungen erwartungsgemäß groß.

Doch sind konkrete Ergebnisse nie zu erwarten gewesen, zumal die meisten Fragen die Kirchenlehre betreffen. So gilt weiterhin: Ein Katholik, der eine zweite Ehe zivilrechtlich schließt und nicht enthaltsam lebt, begeht Sünde. Auch bei der Frage der Beurteilung homosexueller Partnerschaften ist nichts anderes konsensfähig gewesen als die im Katechismus ausgedrückte Haltung der Kirche. Darin wird der Respekt vor dem einzelnen Individuum geäußert, eine Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe aber ausgeschlossen.

Das knappste Abstimmungsergebnis mit einem Drittel Gegenstimmen wurde bei der Frage des Umgangs mit wiederverheirateten Geschiedenen erzielt - deren Ausschluss von den Sakramenten in einigen Fällen als unbarmherzig empfunden wird. In einem von der deutschsprachigen Gruppe vorgeschlagenen Modell, für das sich letztendlich eine knappe Zweidrittel-Mehrheit der Teilnehmer aussprach, wird nach einem Weg der Besinnung eine Unterscheidung im Einzelfall und unter Aufsicht des Ortsbischofs empfohlen. Dieser Vorschlag hatte Aufsehen erregt, weil sich in der Gruppe scheinbar theologisch unversöhnliche Positionen wie die von Kasper und die des Präfekten der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller, gegenüberstanden.

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Im Abschlussbericht wird betont, dass es sich bei den 94 Absätzen um Empfehlungen an den Papst handelt. Franziskus wird darin auch gebeten, ein lehramtliches Schreiben zu den aufgeworfenen Fragen zu verabschieden. Der Papst äußerte sich nicht dazu, ob er diesem Wunsch tatsächlich nachkommen wird. Es ist zu bezweifeln, da nach dem Beratungsstand der zurückliegenden drei Wochen und den immensen Meinungsverschiedenheiten jede eindeutige Positionierung den Charakter der Synode konterkarieren würde. Zumindest warnte der Pontifex in seiner Predigt vor einer abstrakten Lehre. "Ein Glaube, der nicht im Leben der Menschen verwurzelt ist, bleibt dürr und schafft neue Wüsten anstatt Oasen." In seiner Schlussansprache hatte der Papst zudem die Berücksichtigung der kulturellen Wirklichkeit im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils gefordert. "Echte Hirten verteidigen nicht das bloße Wort, sondern den Geist, nicht Ideen, sondern den Menschen, nicht Formeln, sondern die kostenlose Liebe Gottes und seine Gnade."

Im Abschlussdokument bemühen sich die Synodenteilnehmer um einen freundlichen und pastoralen Ton und betonen immer wieder die Notwendigkeit, keine Pauschalurteile zu fällen, sondern Einzelfälle zu unterscheiden. Auffällig ist auch die Empfehlung, den Ortsbischöfen in den Diözesen mehr Möglichkeiten bei der Entscheidung "schwieriger Situationen" zu geben. Papst Franziskus hatte in diesem Zusammenhang vor einer Woche den Prozess einer "heilsamen Dezentralisierung" angekündigt.

Neben vielen Impulsen, die die Synode benannt hat und als künftige Arbeitsaufgabe verstanden werden können, liegt in dieser Aussage des Papstes möglicherweise eine bemerkenswerte Veränderung: Rom sieht sich in Einzelfragen nicht mehr für alle zuständig. Bischöfe und ihre Ortskirchen bekommen mehr Handlungs- und Entscheidungsfreiheit und bewahren die Weltkirche möglicherweise davor, sich pausenlos an den immergleichen Themen ergebnislos aufzureiben.

(RP)
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