Düsseldorf Becher-Erbe bleibt im Rheinland

Düsseldorf · Max Becher, Sohn des Künstlerpaares, ist Alleinerbe und spricht mit Köln und Düsseldorf über den Nachlass im Sinne seiner Eltern.

Man wird sie sowieso nie vergessen. Auch nach dem Tod von Hilla Becher im vergangenen Oktober ist das Künstlerpaar in seinem Schaffen präsenter und nachhaltiger als andere Künstler ihres Formats. Schließlich haben sie nicht nur die Marke Bernd und Hilla Becher geprägt, ein singuläres Werk der Industriefotografie hinterlassen. Sondern sie haben darüber hinaus mit ihrer Lehrtätigkeit an der Kunstakademie die Düsseldorfer Photoschule begründet, deren Vertreter weltweit erfolgreich sind, weil sie die Fotografie formal revolutioniert und in neue Bahnen gelenkt haben: Candida Höfer, Andreas Gursky, Thomas Ruff und Thomas Struth sind nur die Protagonisten dieser Gruppe um Becher, die noch sicher vierzig weitere gute Fotokünstler kennt.

Und da ist auch noch Max Becher, Jahrgang 1964, in den USA lebender einziger Sohn und Erbe, der selbst Künstlerfotograf ist und gemeinsam mit seiner Frau Andrea Robbins farbige Serien etwa zur geografischen Transformation von Orten in den USA erstellt. Becher Junior ist schon vor dem Tod seiner Mutter über den großen Teich gereist. Bei ihrem Tod konnte er bei ihr sein. Jetzt lebt er vorübergehend in der alten Kaiserswerther Schule, in der seine Eltern zuletzt gearbeitet und gewohnt haben.

Es ist für ihn nicht leicht, im Leben seiner Mutter zu gastieren. Ihre Zigaretten liegen noch so da, als würde sie jeden Moment danach greifen, und die Musik, die sie gern hörte, steckt im CD-Spieler. "Ich wohne in dem Haus meiner Mutter", sagt er, "und alles ist noch so lebendig." Als er ein kleiner Junge war, ist er in diese damals noch intakte Schule gegangen. Seine Bezüge zu dem Haus sind vielfältig. Es ist im Besitz der Stadt, vermietet wird es von der Stiftung Museum Kunstpalast. Es zeigt neben Arbeiten aus dem Bruno-Goller-Archiv auch regelmäßig Ausstellungen von zeitgenössischen Künstlern. Demnächst schon ist eine kleine Ausstellung mit Fotoarbeiten von Bernd und Hilla Becher geplant.

Nun fragen alle danach, was aus dem Erbe von Bernd und Hilla Becher wird. Dabei hat Max Becher unheimlich viel damit zu tun, sich erst einmal einen Überblick über das zu verschaffen, was seine Eltern hinterlassen haben und welche unausgeführten Aufträge womöglich noch vorliegen. Dass alle Negative von Bechers Arbeiten zur SK-Stiftung nach Köln gehen, um dort als Komplettarchiv digitalisiert zu werden, steht schon lange fest, sagt Max Becher, das sei keine Überraschung. Spannender ist, was für Düsseldorf bleibt außer den Arbeiten, die schon länger im Besitz des Museum Kunstpalast sind. Dass es ein Tauziehen zwischen Köln und Düsseldorf gebe, wie ein Kunstblogger verbreitet hat, sei unwahr. Alles werde in Ruhe geregelt, nur für definitive Aussagen sei es noch zu früh. "Meine Eltern wollten nie ein persönliches Museum oder Denkmal erhalten", sagt Max Becher. "Aber dass sie irgend etwas Bleibendes in Düsseldorf errichten wollten, vielleicht ein Fotozentrum, das habe ich so verstanden."

Zwei weitere Jahre steht Max Becher das Schulgebäude zur Verfügung, um den Nachlass zu ordnen. Gemeinsam mit der Stadt und Museumsdirektor Beat Wismer werden derzeit intensiv Pläne entwickelt, wie die Präsenz der Bechers in ihrer Wahlheimatstadt, in der sie seit ihrem Kennenlernen in den 1950er Jahren lebten und arbeiteten, aussehen kann. Kulturdezernent Hans-Georg Lohe setzt große Hoffnung in die Gespräche, die er mit Max Becher und Generaldirektor Beat Wismer führt. "Das Werk der Bechers soll präsent sein in unserer Stadt", sagt er. Ein Konzept soll schon im Frühjahr vorgestellt werden. Ein Museum für die Düsseldorfer Photoschule in Kaiserswerth kann sich Lohe nicht vorstellen, es sei sinnvoller, sagt er, sich in der Präsentation von Fotografie auf den Museumsstandort Ehrenhof im Herzen von Düsseldorf zu konzentrieren. Dabei geht es auch darum, die Aufgaben zum NRW-Forum abzugrenzen, das weiterhin Foto-Ausstellungen präsentieren wird, sich seit dem Amtsantritt von Alain Bieber aber verstärkt neuen Medien zuwendet.

Dies alles hätte man freilich schon früher haben können. Als es nach dem Weggang Werner Lipperts 2013/2014 um die Zukunft des NRW-Forums ging und die Stadt nach einer Lösung suchte, hatte Beat Wismer ein Konzept für ein Fotozentrum in den Räumen des NRW-Forums erarbeit. Das tat er in Abstimmung mit Becher-Schülern. Wenn auch der Ort nicht zu retten ist, so doch der Kerngedanke, dass Düsseldorf die Hauptstadt der modernen Fotografie ist und das nach außen hin deutlich werden muss.

Nicht vergessen sollte man in der Zukunftsdebatte die Kraft und Mittel der NRW-Kunstsammlung, in deren Besitz viele Becher-Arbeiten sind, wie Marion Ackermann sagt. Die Direktorin hat sich im Jahr vor Hilla Bechers Tod intensiv mit der Fotografin auseinandergesetzt. Und sie hat sie dazu animiert, in der Kunstsammlung eine Geschichte der Fotografie zu kuratieren. Hilla Becher war euphorisiert gewesen von dieser Idee, die Ausstellung "Hilla's Choice - die Geschichte der Fotografie von ihren Anfängen her" war schon weit gediehen. Da kam der überraschende Tod. Denkbar ist, dass auch Marion Ackermann sich für Bechers Erbe interessiert.

(RP)
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