London Das Ende des Status Quo

London · Die Mitglieder der britischen Rockband wollen ihre E-Gitarren am Jahresende an den Nagel hängen. Nach ihrer Europa-Tournee im Herbst sei Schluss, sagte Gitarrist Francis Rossi. Damit endet ein großes Kapitel der Rockgeschichte.

Der Name ist Programm, allerdings im besten Sinne: Wer sich zu Status Quo bekennt, der will keine Experimente. Sondern geradlinigen Rock. Hart, laut, schnell, aber dabei gerade noch familientauglich. Das war schon in den 70ern so, der Hochzeit der britischen Band. Keine Party ohne "Caroline" oder "Down Down", die idealen Songs fürs Luftgitarrespielen und Headbanging. Status Quo, das versprach maximalen Spaß mit musikalisch einfachsten Mitteln. Und war oft die Initialzündung, eine eigene Band zu gründen. Um so bedauerlicher, dass sich die Meister der einprägsamen Riffs nun doch zur Ruhe setzen wollen. Es sei immer schwieriger für sie geworden, große Shows zu geben, sagte Gründungsmitglied Francis Rossi (66) gestern. Die Europa-Tour im Herbst soll die letzte in der rund 50-jährigen Bandgeschichte sein. Unverhoffte Rückkehr selbstverständlich nicht ausgeschlossen.

Abschiedstourneen sind schließlich in der Musikbranche seit langem ein beliebtes Marketing-Prozedere, die Rolling Stones lassen freundlich grüßen. Auch Status Quo standen bereits mehrfach vor dem Aus, rauften sich aber immer wieder zusammen. Für echte Fans zählt natürlich nur die Urbesetzung von 1967, die sogenannten "Frantic Four", die wilden Vier (die "so" wild allerdings nie waren): Francis Rossi, Rick Parfitt, Alan Lancaster und John Coghlan. Nach Streitigkeiten um das musikalische Konzept und den Bandnamen hatten Coghlan und Lancaster die Band Anfang der 1980er verlassen, sich aber für einige Reunion-Konzerte 2013 mit Rossi und Parfitt versöhnt. Als einmalige Angelegenheit angekündigt, wurde auch dies wegen des großen Erfolgs auf 2014 ausgedehnt. So ist denn Rossis Aussage von gestern, man werde zwar keine Konzerte mehr geben, aber von sich hören lassen, durchaus als Versprechen zu werten.

Denn man kann Status Quo vieles vorwerfen, aber wohl kaum, untätig zu sein. Mehr als 30 Studioalben gehen auf ihr Konto, rund 100 Singles und mehr als 120 Millionen verkaufte Tonträger. Bis 2004 war die Combo mit 61 Hits die erfolgreichste britische Single-Band, vor beispielsweise den Stones und Queen. Keine andere Band war so häufig Gast bei "Top of the Pops", nämlich 110 Mal. Ihre Fassungen von "In The Army Now" und "Rockin' All Over The World" sind bekannter als die Originale.

Und auch ins Guinness-Buch der Rekorde schaffte es die Rock-Kapelle, weil sie 1991 innerhalb von zwölf Stunden in vier verschiedenen britischen Arenen auftrat. Möglich machte das auch eine gemessen an heutigen Bombast-Auftritten eher minimalistische Bühnenshow: ein paar Lampen, zwei Gitarren, ein Bass, Schlagzeug, that's it. Geändert hat sich daran bis heute wenig.

Genau das ist es auch, was die Fans an Status Quo lieben - und alle anderen eher abschätzig bewerten. Die britischen Boogie-Rocker waren und sind geschäftstüchtige, unprätensiöse und freundliche Herren, die kein großes Aufheben um ihre Musik machen. Möglicherweise, weil diese in ihrer Variationsbreite etwas limitiert ist. Aber das ist die vergleichbarer Bands, etwa AC/DC, auch. Nur dass die Australier stets eifrig an ihrem eigenen Mythos gebastelt haben, während Status Quo nie mehr sein wollte als eine simple Rockband. Und als solche das Genre über Jahrzehnte wahrscheinlich mehr geprägt hat als viele Musikerkollegen.

Insofern kann man Rossis Ankündigung nur mit einem Status-Quo-Titel kontern: "The Party Ain't Over Yet."

(RP)
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