Lit.Cologne Avi Primor trifft Frank Schätzing

Köln · Wie beliebt Avi Primor ist, wurde am achten Tag der LitCologne sichtbar: Hunderte Zuhörer kamen, als der frühere Botschafter Israels wenige Tage vor seinem 80. Geburtstag seine Autobiographie "Nichts ist jemals vollendet" vorstellte.

 Avi Primor im Gespräch mit Frank Schätzing.

Avi Primor im Gespräch mit Frank Schätzing.

Foto: dpa, hka htf

Der Kölner Autor Frank Schätzing sprach mit ihm, insbesondere über die engen Beziehungen seines Landes zu Deutschland und über seine Hoffnung, dass es trotz des erneuten Wahlsiegs von Benjamin Netanjahu zu einer Lösung des Konflikts mit den Palästinensern kommen könne.

Frank Schätzing war mit Avi Primor auf der Bühne, weil er durch die Recherchearbeit für seinen Thriller "Breaking News" zum Israel-Experten geworden ist. Es ist ein Unterhaltungsroman, der sich aber ausführlich mit Staatsgründung und Geschichte des Landes auseinandersetzt.

Der Kölner Autor ging mit seinem Gesprächspartner bis ins Jahr 1932 zurück: Damals unternahm Avi Primors Mutter, eine 18-Jährige Frankfurterin, eine Kreuzfahrt mit kurzem Zwischenstopp in Palästina — und blieb, weil sie sich verliebt hatte. Ihre Familie sah sie nicht wieder: Sie war die einzige, die den Holocaust überlebte. Ihr Sohn wurde mit 27 Jahren der jüngste Botschafter, den Israel je hatte.

Er übernahm Posten in verschiedenen afrikanischen Ländern, ging nach Paris und Brüssel. In Deutschland war er dagegen nie gewesen, als er seine Diplomatenkarriere beendete, um Vizepräsident der Hebräischen Universität Jerusalem zu werden. "Bei meinem Abschiedsessen sagte ich, dass ich sehr zufrieden war mit meiner Karriere und es nur einen Posten gab, der mich noch reizen würde: der in Deutschland", so Avi Primor. Die kleine Bemerkung zog große Kreise, und zwei Jahre später wurde ihm der gewünschte Botschafterposten tatsächlich angeboten. Von 1993 bis 1999 vertrat er Israel in Deutschland.

Er musste erst noch Deutsch lernen — mit seiner Mutter hatte er Hebräisch gesprochen — und engagierte sich für Verständigung und Aussöhnung. Unter dem Stichwort "Brückenbauer" hat die LitCologne ihn auch eingeladen. Er glaubt an die Kraft persönlicher Begegnungen. Dieses Verbindende lebt er bis heute, nicht zuletzt mit dem trilateralen Zentrum für Europäische Studien an der Privatuniversität Interdisciplinary Center (IDC) Herzliya, das er gegründet hat: Es bringt israelische, palästinensische und jordanische Studierende zusammen.

Avi Primors Leben und der Staat Israel — Moderator Frank Schätzing hatte sich für den Abend viel vorgenommen und sprengte den Zeitrahmen. Den Zuhörern war es recht: Zweieinhalb Stunden hörten sie konzentriert den launigen, aber gehaltvollen Ausführungen des früheren Diplomaten zu und verabschiedeten ihn mit begeistertem Applaus.

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