Rom Als Bischöfe keine Exzellenz sein wollten

Rom · Vor 50 Jahren wurde mit dem "Katakombenpakt" mit Nachdruck eine Kirche der Armut gefordert.

Der Name dieses Dokuments klingt ein wenig nach einem Dan-Brown-Thriller, wenigstens aber nach einer faustdicken Verschwörung. Doch der sogenannte Katakombenpakt will eigentlich nichts von all dem sein. Weil seine Botschaft kein Geheimnis bleiben, sondern an die gläubige Weltöffentlichkeit gelangen sollte. Genau das steht allerdings noch aus - immerhin 50 Jahre nach seiner Zelebration.

Es ist der 16. November 1965, als sich 40 katholische Bischöfe in der Domitilla-Katakombe auf der Via Ardeatina einfinden. Zugegeben, ein komischer Ort, doch wollen die Geweihten kein Aufsehen erregen. Sie wollen sich erst einmal konzentrieren auf das, was sie da planen. Zumal "oben" gerade eine andere Kirchengeschichte geschrieben wird: Drei Wochen noch sind es bis zum Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils, der mutigen Öffnung der Kirche gegenüber der Welt des 20. Jahrhunderts.

Doch die Katakomben sind nicht nur als geistlich-stilles Kämmerlein dienlich. Die Pakt-Unterzeichner fühlen sich an diesem Ort - an dem Christen der Antike Zuflucht vor Verfolgung suchten - näher an den Wurzeln des Glaubens. Und die sind auch durch Armut und Ächtung immer tiefer und stärker geworden.

Die Katakomben sind ihr erstes Bekenntnis. 13 weitere Selbstverpflichtungen der anwesenden Bischöfe folgen. Und wer einige davon heute liest, kommt aus dem Staunen nicht heraus. So wollen sich die Bischöfe bemühen, so zu leben, wie alle Menschen. Auch sollen weder teure Amtskleidung noch Amts-Insignien aus kostbarem Metall getragen werden. Kein Bischof darf Besitz haben - nicht einmal eigenes Mobiliar - und über kein Bankkonto verfügen. Die gesamte Finanzverwaltung soll von Laien geführt werden. Außerdem wollen sie nicht mehr als Eminenz oder Exzellenz angesprochen werden; ein schlichtes "Padre" sei ausreichend und erwecke nicht mehr den Anschein von Macht. Ihr Ziel ist es, die Armut der Menschen als Arme zu bekämpfen.

Diese Idee von Kirche kam nicht über Nacht. Sie hat im Vorfeld des Konzils Gestalt angenommen. Eine Arbeitsgruppe wurde gebildet, die ihre Papiere auch in manche Konzilsberatungen einbrachte. Denn das, was der Katakombenpakt am Ende beschreibt, ist nicht nur kirchenpolitisch, sondern auch theologisch grundiert - sehr einfach und geradezu schlicht: Jesus hat arm gelebt und hat sich den Armen gleichgesetzt. Gottes Sohn hat seine Kirche angewiesen, weder Gold noch Silber zu besitzen. Und: Im Evangelium gehört das Reich den Armen. Darin finden sich vertraute Forderungen. Viele sind heute auch von Papst Franziskus zu hören.

In der Tat hat der Katakombenpakt in Lateinamerika die meiste Wirkung entfalten können. Die großen Zusammenkünfte im kolumbianischen Medellín 1968 sowie im brasilianischen Aparecida 2007 haben die Vorstellungen einer armen Kirche geschärft und verschärft. Vor allem haben sie die Vision lebendig gehalten.

Fast zwangsläufig ist die lateinamerikanische Kirchenbewegung in Kontakt und in Konflikt mit der Politik gekommen. Zumal die sogenannten Befreiungstheologen zunehmend auch eine neue Gesellschaftsordnung sozialistischer Prägung einforderten. Kritik an diesem politischen Engagement der Kirche gab es damals vielfach: Die USA sahen ihre Interessen in Lateinamerika und Ruhrbischof Franz Hengsbach die christliche Botschaft bedroht. Auch diese Kritik am Katakombenpakt gibt es seit 50 Jahren.

Leseempfehlung Norbert Arntz: "Katakombenpakt". Topos, 224 S., 12,95 Euro

(los)
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