Kinder im Netz Wann sind die Kleinen groß genug fürs Smartphone?

Düsseldorf · Die kleine Cousine unserer Autorin ist gerade in die fünfte Klasse des Gymnasiums gekommen. Zum Schulstart hat sie von ihren Eltern ein Smartphone bekommen. Ihre Mitschüler waren sogar schon in der Grundschule online. Ist das zu früh?

5 Tipps für den sicheren Smartphone-Umgang
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Foto: rtr, LN /yj

Als meine zehnjährige Cousine mir ihr neues Smartphone zeigte, war ich baff. Bist du nicht viel zu jung dafür?, fragte ich sie. "Nee! Manche Kinder in meiner alten Schule hatten sogar schon in der zweiten Klasse ein Handy!" Meine Cousine ist keine Ausnahme: Laut einer Studie sind bereits zwei Drittel der 8- bis 14-Jährigen mit dem Smartphone im Internet unterwegs.

 SMS schreiben, Musik hören und Fotos machen - diese Apps mag die zehnjährige Cousine unserer Autorin am liebsten.

SMS schreiben, Musik hören und Fotos machen - diese Apps mag die zehnjährige Cousine unserer Autorin am liebsten.

Foto: Screenshot: Hannah Schwär

Ein eigenes Smartphone hat die kleine Maria zwar noch nicht, dafür hatte sie schon im Alter von sechs Jahren ein Tablet in der Schultüte. Seitdem dokumentiert ihre Mutter, die Journalistin Katja Reim, die digitalen Gehversuche ihrer Tochter auf dem Blog meincomputerkind.de.

Für ein Smartphone sei Maria mit neun Jahren aber immer noch zu jung: "Ein Smartphone kann sie überall hin mitnehmen, das kann ich dann nicht mehr kontrollieren. Mit dem Tablet spielt sie vor allem bei uns im Wohnzimmer." Laut Reim war die Anschaffung des Tablets mit Kindersicherung eine bewusste Entscheidung: "Ich glaube, dass es wichtig ist, Kinder früh ans Internet heranzuführen. Dadurch werde ich Maria dann später auch ruhiger loslassen können."

SMS vom Spielplatz

Besonders wichtig ist es Katja Reim, ihre Tochter durch die digitale Welt zu begleiten. So soll Maria möglichst früh den verantwortungsvollen Umgang mit ihren persönlichen Daten lernen, um sich vor Gefahren zu schützen. Aber auch, Spaß zu haben. Samstags gehen sie zum Beispiel gemeinsam auf Pokemon-Jagd — mit dem Smartphone der Mama. Ganz allein darf Maria nämlich nicht ins Internet.

Bei meiner kleine Cousine ist das anders, denn sie surft auch alleine und ohne Kindersicherung. Ihr Smartphone darf sie auf den Spielplatz oder in die Schule mitnehmen, allerdings hat sie dort kein mobiles Internet. Zuhause schaut sie sich am liebsten "Abenteuer Meerjungfrau" in der ZDF-Mediathek an oder sucht etwas auf "Guhgle". So richtig hat sie den Weg ins Internet 2.0 noch nicht gefunden, denn Soziale Medien sind für sie tabu. Ihr Smartphone nutzt sie hauptsächlich im Offline-Modus, etwa zum Musik hören, Fotos machen und SMS schreiben.

"Bei den Hausaufgaben lege ich das Handy immer zur Seite"

Aber was ist der richtige Weg bei der digitalen Erzeihung: freies Entdecken oder kontrolliertes Surfen? Maria hat dank ihrer Eltern schon früh gelernt: Smartphone und Tablet sind keine normalen Spielzeuge. Zum "Nerd" sei sie jedoch nicht geworden, meint Reim: "Sie bastelt auch gerne, spielt ein Musikinstrument und geht Freunde besuchen. Das Tablet benutzt sie höchstens ein- bis zweimal pro Woche."

Auch bei meiner kleinen Cousine gelten klare Regeln, etwa darf sie allein keine Apps runterladen und das Smartphone erst nach den Hausaufgaben benutzen. Im besten Fall bewahrt sie diese Medienerziehung später davor, ungewollt zum Internetphänomen zu werden.

Den "richtigen" Zeitpunkt gibt es nicht

Zu früh könne man mit der digitalen Erziehung nicht anfangen, meint Michael Schnell, Chefredakteur der Lernplattform Internet-abc. Das richtige Alter für ein Smartphone hänge vor allem von der Entwicklung des Kindes ab, "Generell ist der Wechsel zur weiterführenden Schule ein guter Anlass — aber jedes Kind ist anders."

Das Internet habe allerdings nicht nur Vorteile, sondern könne auch Gefahren für Kinder bergen, warnt Schnell. Letztendlich seien die Eltern in der Pflicht, sich um die Medienerziehung zu kümmern: "Ich kann meinem Kind das Smartphone nicht einfach in die Hand drücken, sondern muss es dabei auch begleiten. Das heißt für die Eltern, dass sie sich darüber informieren müssen."

"Internet" fehlt als Fach auf dem Stundenplan

Was aber, wenn sich die mit Datenschutz, Phishing und Cookies nicht auskennen? Auf die Schule können sich Eltern in diesem Fall nicht verlassen, denn das Fach Internet steht in den seltensten Fällen auf dem Stundenplan. "In den meisten weiterführenden Schulen wird der Computer aber in einzelnen Fächern wie Mathe oder Deutsch eingesetzt. In den Grundschulen fehlt zum Teil noch die Ausstattung", erkärt Schnell.

Meine kleine Cousine hat dafür zum Glück mich: Ich erkläre ihr gerne, wie man Emojis verwendet, Bilder verschickt oder eine Suchmaschine richtig benutzt. Ich bringe ihr aber auch bei, mit ihren Bildern und Daten sorgsam umzugehen. Kinder, die den Umgang mit dem Internet nicht zu Hause lernen, laufen hingegen Gefahr, in Sachen digitaler Bildung auf der Strecke zu bleiben.

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