Trends auf der Digitalkonferenz in Texas Das Ende der Smartphone-Ära

Austin · Bei der Digitalkonferenz South-by-Southwest in Austin lassen sich oft Trends bestaunen, die einige Jahre später Realität werden. Wir haben zehn Themen gesammelt, die die Messe bestimmten.

Gadgets 2018: Technik-Neuheiten für Freizeit & Büro
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Gadgets - diese Technik-Neuheiten will man haben

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Foto: dpa-tmn/Garmin

Künstliche Intelligenz, autonomes Fahren und neue Zielgruppen — die Teilnehmer des Netzkulturfestivals SXSW (South-by-Southwest) beschäftigen sich mit dem Übermorgen der digitalen Gesellschaft. Doch auch die Risiken sind Thema. Zehn Trends, die Diskussionen und Vorträge geprägt haben:

1. Das Ende der Smartphone-Ära bricht langsam an
Während das Smartphone den Computer für viele Menschen mehr und mehr ersetzt, wird in Austin bereits ein Schritt weitergedacht: Was kommt nach dem Smartphone? "Der Wechsel vom Smartphone zu smarten Kleidungsstücken steht bevor”, ist Zukunftsforscherin Amy Webb überzeugt: "Kopfhörer mit biometrischen Sensoren, Ringe und Ketten, die unsere Bewegungen aufnehmen und verarbeiten können, Brillen, die Informationen aufnehmen und darstellen können — das alles wird unseren Umgang mit der digitalen und analogen Welt verändern.”

2. Künstliche Intelligenz optimiert menschliche Sinne
Bienen und Ameisen haben nur einen winzigen Bruchteil der Neuronen, die in menschlichen Gehirnen funken. Doch sie nutzen chemische Botenstoffe, um zu kommunizieren, und so quasi mit einem gemeinsamen Gehirn zu kooperieren. Mittels Sensoren, die Reaktionen der Mitmenschen messen, und künstlicher Intelligenz, die analysiert, was diese Reaktionen bedeuten, sollen bald auch Menschen Schwarmintelligenz nutzen. Damit könnten etwa Massenpaniken vermieden werden. Künstliche Intelligenz könnte jedoch auch Hör- und Sehgeschädigten helfen. Hörgeräte werden in Zukunft zum Beispiel persönlich optimiert. Blinde wiederum könnten sich dank schlauer Ohrhörer, die permanent alles orten, was Blinde nicht sehen können, leichter zurechtfinden.

3. Die emotionale Bindung zwischen Mensch und Maschine nimmt zu
"Zur modernen Familie von morgen wird auch ein Roboter gehören”, prophezeit Kaijen Hsiao, technische Leiterin beim Roboterhersteller Mayfield Robotics. "Dafür müssen wir es schaffen, eine emotionale Verbindung zwischen Mensch und Maschine zu erzeugen.” Für ihren kleinen Hausroboter Kuri mussten dafür fast 60 Prototypen entwickelt werden. Nun ist Kuri für rund 650 Euro zu haben, folgt seinem Besitzer durch die Wohnung, macht Fotos und spielt Musik ab.

4. Die Technikszene wird kritischer
Der Seitenhieb auf Facebook war deutlich: "Es bringt große Verantwortung mit sich, eine große Plattform zu betreiben", sagte Apples Vize-Chef Eddie Cue und stimmte damit in den Chor kritischer Stimmen ein, den es vor zwölf Monaten gegenüber Anbietern wie Facebook noch nicht gab. Dem sozialen Netzwerk wird vorgeworfen, zu wenig gegen die ausländische Einflussnahme bei der US-Wahl unternommen zu haben. Politiker, Vordenker und Experten sprachen sich daher für die Regulierung großer Anbieter aus.


5. (Ex-)Politiker füllen als Kämpfer für die gute Sache große Hallen
Jedes Jahr halten Polit-Promis der Tech-Szene den Spiegel vor. Diesmal las der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan vor hunderten Zuschauern minutenlang an ihn und seine Familie gerichtete Hass-Tweets vor und plädierte an die Betreiber sozialer Netzwerke, stärker gegen extremistische und hasserfüllte Äußerungen vorzugehen. Khan kündigte an, sich in Großbritannien für ein Gesetz einzusetzen, das Konzernen nach deutschem Vorbild 24 Stunden Zeit gibt, Hass-Kommentare zu löschen.

6. Maschinen müssen verantwortungsvoller trainiert werden
Neben einer stärkeren Regulierung wird auch offen mehr Transparenz bei Algorithmen gefordert. Maschinen müssten so trainiert werden, dass sie niemanden benachteiligen. "Wenn ein Algorithmus gelernt hat, dass bisher vor allem weiße Männer Führungspositionen innehatten, darf er nicht automatisch Frauen oder Menschen mit Migrationshintergrund herausfiltern”, nannte Designer Josh Clark ein Beispiel. Er bezeichnete die neue europäische Datenschutzverordnung als Vorbild. "In den USA ist die undenkbar. Also müssen wir freiwillig als Entwickler die Daten unserer Kunden achten."

7. Das Marketing muss sich auf eine neue jüngere Generation einstellen
Die Marketing-Verantwortlichen vieler Unternehmen knüpfen die ersten Kontakte zu einer neuen jungen "Generation Z". Diese ist komplett mit dem Smartphone aufgewachsen, keiner Marke treu, hasst E-Mails und ist ständig auf Selbstbestätigung aus. "97 Prozent haben ein eigenes Smartphone und 70 Prozent schauen mehr als zwei Stunden pro Tag Youtube”, sagt Smantha Skey, Chefin von SheKnows Media.

8. Städte brauchen intelligenten öffentlichen Nahverkehr
Autonomes Fahren und Fahrdienste wie Uber sind Megatrends der Mobilität. Doch deshalb dürften Innovationen im öffentlichen Nahverkehr nicht vernachlässigt werden, warnt Jarrett Walker, der Städte bei der Verkehrsplanung berät. "Normal verdienende Bürger werden sich auf Jahre hinaus keine selbstfahrenden Autos leisten können." Außerdem würden diese nicht die Stauprobleme lösen. Der Experte fordert, auch Busse und Bahnen schlauer zu machen, so dass etwa selbstfahrende Busse so regelmäßig verkehren, dass der Fahrplan überflüssig wird.

9. Autos sollen zu Freunden werden
Künftig sollen sich Autofahrer mit dem intelligenten Bordsystem ihres Autos so unterhalten können wie mit einem Freund. Das Navi sagt dann nicht mehr nur die nächste Abzweigung an, sondern erkennt auch anhand der Tonlage, wie es dem Fahrer geht. Daran arbeitet etwa der Autohersteller Toyota bereits.

10. Podcasts werden noch wichtiger
Podcasts boomen und dadurch fließen auch mehr Werbegelder. "Wir leben im Wilden Westen des Podcastings", findet Ira Glass, Erfinder der erfolgreichen Radiosendung "This American Life", die jede Woche von mehr als 500 Sendern in den USA, Kanada und Australien ausgestrahlt wird und zusätzlich 2,5 Millionen Hörer per Podcast erreicht. Für Glass liegt das Geheimnis des Podcastings vor allem darin, eine spannende Geschichte zu erzählen und sich die nötige Zeit dafür zu nehmen.

Die South-by-Southwest (SXSW) hat sich zur wichtigsten Netzkulturkonferenz der Welt gemausert. Unsere Reporter waren dort und schildern ihre Eindrücke:

(dafi)
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