Comeback der analogen Fotografie Gut entwickelt

Düsseldorf · Die analoge Fotografie kommt zurück, ganz langsam, als Trend für Geduldige. Kein digitales "Draufhalten", jedes Motiv will gut überlegt sein. Denn bevor der Film nicht entwickelt wurde, gibt's nichts zu sehen.

 Immer mehr Menschen finden Spaß an der alten Art der Fotografie.

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Foto: dpa, tsn

Bilder sind überall, im Fernsehen, auf Plakaten, in der Zeitung, auf dem Handy. "Wir leben in einer Welt, die aus Bildern gemacht ist", sagt Fotograf Andreas Schiko. "Wir können diese Bilder aber nicht einschätzen und bewerten." Schiko streift unter anderem durch die Düsseldorfer Musikszene, immer dabei: seine analoge Kleinbildkamera. Er entwickelt seine Bilder selbst, in der Dunkelkammer, mit Entwickler und Fixierer.

Blende, Verschlusszeit und Filmrolle sind Begriffe, mit denen sich der digitale Urlaubsfotograf kaum beschäftigen muss. Die Kamera auf "Automatik" gestellt und abgedrückt. Auf moderne Speicherkarten passen locker ein paar tausend Fotos, da kann jedes Motiv ruhig mehrere Male und aus verschiedenen Winkeln fotografiert werden. Profis kennen sich zwar mit den Einstellungen aus, drücken aber noch hemmungsloser auf den Auslöser. Es muss schnell gehen, es reicht, wenn unter 50 Bildern fünf gute dabei sind.

Das ist es, was Andreas Schiko meint, wenn er von Relevanz spricht. Das Gefühl dafür, ein Bild zu machen, welches am Ende auch tatsächlich in Erinnerung bleibt. Und nicht als eines unter vielen auf der Speicherkarte landet. "Welche Bilder hat man von sich selbst vor Augen, aus den ersten Lebensjahren?" fragt Schiko. In der Regel stammten diese Erinnerungen immer von Fotos. "Solche Bilder sind für uns tatsächlich relevant."

Und so müsse man auch fotografieren. "Dann hat die Fotografie eine Bedeutung." Schiko sieht in der analogen Fotografie aber noch mehr. Wer den ganzen Weg gehe, vom Auslöser bis zum Nassabzug, der bekomme auch ein Gefühl dafür, werde zum Fachmann, lerne Bilder einzuschätzen.

Viel Geld müssen Einsteiger nicht in die Hand nehmen: Eine gute, gebrauchte Spiegelreflexkamera bekomme man schon für unter 100 Euro, sagt Stefan Schröter von "Foto Koch" in Düsseldorf. "Wichtig ist, dass die Rückwand ordentlich schließt und lichtdicht ist." Dosen, Chemikalien und Vergrößerer seien immer noch gut erhältlich, auch fünf bis sechs verschiedene Schwarz-Weiß-Filme gebe es noch.

Bei Kameras und Objektiven müsse man aber genau hinsehen. Nur wenige moderne Objektive funktionierten auch mit den alten Kameras. Wer keine eigene Dunkelkammer einrichten möchte, kann die Filme auch zum Entwickeln abgeben. "Das ist natürlich nicht so sexy wie das Papier aus der Wanne", sagt Schröter. Außerdem sei jedes selbst entwickelte Bild ein Unikat.

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Die Tatsache, dass man erst ganz am Ende sehe, ob das Bild etwas geworden ist, führe zu einem deutlich bewussteren Fotografieren. "Ich brauche mehr Bedächtigkeit, mehr Achtsamkeit, muss mir im Vorfeld mehr Gedanken machen", sagt Schröter.

Schon bei der Auswahl des Films treffe der Fotograf eine Entscheidung: Welche Lichtempfindlichkeit nehme ich? Höhere Empfindlichkeit bedeute ein gröberes Korn, ähnlich dem Rauschen auf digitalen Aufnahmen. "Ein Film verträgt weniger, ist nicht so tolerant wie ein Sensor. Ist das Bild erstmal überbelichtet, kann ich das ganz schwer wieder ausgleichen", sagt Schröter.

Für all jene, die der analogen Welt eine Chance geben wollen, sind Volkshochschulen eine mögliche Adresse. An der VHS in Leverkusen beispielsweise bietet der Verein zur Förderung künstlerischer Medien Bayer Leverkusen im Juni einen Kursus an. "Wir stellen Kameras, Material und Dunkelkammer zur Verfügung", sagt Michael Irmscher, Vorsitzender des Vereins. "Dabei kann jeder selbst erfahren, ob das was für ihn ist."

Wer auch ohne analoge Kamera wissen will, wie es sich früher anfühlte, kann Folgendes ausprobieren: Display abkleben oder abschalten, Lichtempfindlichkeit (ISO-Wert) fix einstellen und dann so tun, als hätte man nur 36 Aufnahmen.

(cha)
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