Filmrolle statt Speicherkarte Analog-Kameras - die entschleunigte Art des Fotografierens

Düsseldorf · Viele dürften sich wundern, dass es noch immer Kameras gibt, die kein Display, keine Speicherkarte und auch kein Menü haben. Der Einstieg in diese ziemlich unmoderne und entschleunigte Art des Fotografierens ist gar nicht mal so teuer, macht aber richtig Spaß.

 Filmrolle statt Digitalsensor, und auf die Bilder muss man auch warten. Trotzdem finden immer wieder Menschen Spaß an der alten Art der Fotografie.

Filmrolle statt Digitalsensor, und auf die Bilder muss man auch warten. Trotzdem finden immer wieder Menschen Spaß an der alten Art der Fotografie.

Foto: dpa, tsn

Manche loben die besondere Optik der Bilder, andere schwärmen für das Design oder die entschleunigte Art des Fotografierens. Auch Hollywood-Filme werden teilweise analog auf Film gedreht, zum Beispiel die siebte Star Wars Episode "Das Erwachen der Macht".

Während vor einigen Jahren vor allem Liebhaber, Nostalgiker oder Straßenfotografen mit filmbasierten Kameras hantierten, greift mittlerweile auch die Masse wieder häufiger zu Filmdose und Kamera. Dafür gibt es auch praktisch gute Gründe.

Zum Beispiel einen recht günstigen Einstiegspreis. Neue Kameramodelle werden kaum hergestellt, gebrauchte Ware gibt es bereits ab 30 Euro. So lassen sich echte Schnäppchen machen: Einige Kameras kosten in vergleichbarer digitaler Qualität ein Vielfaches.

"Für den Einstieg ist es egal, ob man sich eine Spiegelreflex-, Messsucher- oder einfache Plastikkamera anschafft", ermutigt Kersten Glaser Anfänger - Hauptsache, das Ding funktioniert, sagt der Fotograf aus Bergkamen. Fündig wird man im Internet genauso wie in Fotogeschäften oder im Schrank der Eltern und Großeltern.

Wie bei allen Gebrauchtgegenständen lohnt es sich, die Geräte auf typische Mängel zu untersuchen. So schließen bei Jahrzehnte alten Kameras die Lichtdichtungen oft nicht mehr richtig, die Mechanik klemmt oder der Filmtransport funktioniert nicht. Manche Modelle sind außerdem auf inzwischen verbotene Quecksilberbatterien ausgelegt. Hier sollten Interessenten prüfen, ob es passenden Ersatz gibt.

Hat die Kamera keinen eingebauten Belichtungsmesser, muss man sich außerdem um Zubehör kümmern - neben externen Geräten kann man hier aber auch Digitalkameras oder Apps zu Hilfe nehmen.

Um sich mit der Technik vertraut zu machen, ist Glasers Empfehlung für den Einstieg eine mechanische Spiegelreflexkamera mit 50 mm Festbrennweite. Da man hier alles manuell einstellen muss, werde man gleich gezwungen, sich mit der Technik auseinanderzusetzen, erklärt er.

Und ein Objektiv mit 50 mm Brennweite eigne sich sowohl für Landschafts- als auch für Porträtaufnahmen. Gute Modelle bekommt man schon für etwa 100 Euro. Überhaupt sei es bei der Wahl des Objektivs sinnvoll, zur Festbrennweite zu greifen. "Zoomobjektive waren früher relativ schlecht", erklärt Manuel Gauda, der in Frankfurt/Main Kurse für Analogfotografie gibt.

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Was die Kamera angeht, hat man die Wahl zwischen Spiegelreflex- und Messsucherkameras. Bei Modellen mit Messsuchern fällt der Spiegel weg, sie sind daher kleiner und kompakter und eignen sich gut für Reportage- und Straßenfotografie.

Der Nachteil: Das Fokussieren ist etwas komplizierter, gerade bei längeren Brennweiten. Und: Sie sind nicht gerade günstig. Mit mehreren Hundert bis knapp über 1000 Euro sollte man rechnen. "Messsucherkameras werden fast nur von Leica hergestellt, die sind einfach teurer - aber auch verdammt gut", erklärt Gauda. Und immer noch günstiger als vergleichbare digitale Modelle: Die kosten schnell das Sechsfache.

Darüber hinaus unterscheidet man die Kameras nach Format. Gängig ist das Kleinbild mit 35-Millimeter-Filmen. "Das ist das weltweit meistverbreitete Format, mit der größten Auswahl an Kameras in nahezu jeder Preis- und Qualitätsklasse", sagt Manfred Schmidt, der Kunden im Münchner Fotogeschäft Heidifoto zur Analogtechnik berät.

Mittelformatfilme messen dann sechs mal sechs Zentimeter oder etwas mehr. Die entsprechenden Kameras sind dann "nichts mehr für die Manteltasche", sagt Fotohändler Schmidt. Sie bringen schnell ein Kilogramm auf die Waage.

Die Königsdisziplin sind dann Großformatkameras, wo die Negative DIN A4-Größe erreichen können. Diese Riesenapparate sind zwar unhandlich, ermöglichen aber eine Detailschärfe, die digital gar nicht so einfach möglich wäre. "Wenn man das in Megapixel umrechnet, kommt man da auf Werte um die 100", sagt Fototrainer Gauda.

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Foto: dpa-tmn/Garmin

Generell gelte: Je größer das Format, desto mehr Details und desto weniger Korn. Für den Anfang reichen 35-Millimeter-Filme aber vollkommen aus. In der Drogerie gibt es die für drei bis fünf Euro, bessere Qualität bekommt man im Fotoladen oder bei speziellen Versandhändlern - oft für einen ähnlichen Preis.

Beim Kauf fällt schon die erste Entscheidung für die Optik des zukünftigen Fotos: farbig oder Schwarzweiß? Soll das Bild einen gewissen Stil haben? "Jeder Farbfilm hat andere Eigenschaften für die Wiedergabe von Farben", erklärt Glaser.

Bei Schwarzweiß-Fotos hängt das Ergebnis vor allem von der Entwicklung ab. Fototrainer Gauda rät deshalb zu spezialisierten Laboren - oder zur Eigeninitiative. Wer unfallfrei eine Packung Fertignudeln zubereiten kann, könne auch einen Film entwickeln, sagt er. Die entsprechende Ausrüstung bekommt man für 100 bis 200 Euro.

Farbfilme kann man dagegen getrost auch im Drogeriemarkt abgeben. Da heute fast alles in wenigen Großlaboratorien entwickelt werde, komme es primär auf den Preis an, erläutert Gauda.

Die Frage ist dann nur noch, was mit den entwickelten Negativen passiert. Wer Abzüge will, kann für die ersten Versuche auf den Drogerie-Service zurückgreifen. Gute Abzüge erhalte man aber nur bei Spezialisten, sind sich die Experten einig.

Gerade bei Farbfotos bietet es sich an, die Bilder einzuscannen. Ein einfacher Flachbettscanner mit Negativ- oder Film-Scan-Funktion reiche da für den Anfang aus, sagt Glaser.

(csr)
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