"Ich hab Polizei" Jan Böhmermann als bitterböser "Gangsta-Rapper"

Düsseldorf · So gut die Idee, so böse die Umsetzung: Jan Böhmermann veralbert Haftbefehl und Co. in "Ich hab Polizei" mit deren eigenen Stilmitteln. Freunde macht er sich dabei nirgendwo – weil er gleichzeitig Polizeigewalt anprangert.

"Cop Life" statt "Thug Life": In diesem Video stimmt alles.

"Cop Life" statt "Thug Life": In diesem Video stimmt alles.

Foto: Screenshot YouTube

So gut die Idee, so böse die Umsetzung: Jan Böhmermann veralbert Haftbefehl und Co. in "Ich hab Polizei" mit deren eigenen Stilmitteln. Freunde macht er sich dabei nirgendwo — weil er gleichzeitig Polizeigewalt anprangert.

Ist das wirklich Jan Böhmermann am Mikrofon? Oder doch eher Haftbefehl, Kollegah, Kay One oder wie die harten Jungs alle heißen? Man staunt, man lacht laut auf, man kommt kaum hinterher bei der Kanonade in "Kanak Sprak", dem abgehackten Jargon der Straße, die der Satiriker unter seinem Rappernamen "Polizistensohn" abfeuert.

"Haust du ein'n Polizei kaputt, komm' fünfundzwanzig neue", speit er in dem am Donnerstagmittag veröffentlichten Track fuchtelnd in die Kamera — und überhöht den Erzfeind der bösen Jungs zur unbesiegbaren Über-Gang, wobei er sich zunächst brav an die Fakten hält: "Polizei darf bei rot über Ampel fahr'n. / Du bist Räuber, Polizei ist Gendarm."

#sotrue, wie Hans Entertainment sagen würde — der nichts kann, aber Stand heute noch deutlich mehr Facebook-Fans hat als "Böhmi".

Die üblichen Stilmittel des Genres — schwarze BMWs, böse Blicke und Schusswaffen-Gezücke — parodiert Böhmermann durch das Zitat allein brachial und subtil zugleich. Wohl jeder harte Teenager würde anerkennend zum Beat nicken, solange der Text unverständlich bleibt. Wer den Song hingegen laut hört, wird sich bald wundern.

"Heul doch, du Hanswurst, in Deiner WhatsApp-Gruppe" ist noch klassisches, harmloses Dissen. Bei "Ich hab Polizei: beste Schlägertruppe!" bleibt einem das Lachen fast im Halse stecken.

Immer deutlicher wird die Kritik an Polizeigewalt und Polizeiwillkür im Laufe des Songs. "Pfefferspray in Auge, Arm verdreht, Polizei hat Spaß. / Und das allerbeste ist: Polizei darf das!" Böhmermann geht wie gewohnt aufs Ganze: "Polizei hat Blaulicht, Polizei ist Staatsgewalt. / Polizei hat letztes Jahr sieben Leute abgeknallt", rappt er. Und: "Polizei macht nur, was Polizei will. / Und wenn du dich beschwerst, glauben alle Polizei!"

Die Opfer von Polizeigewalt und verschleppten Ermittlungen innerhalb der Behörden dürften das nicht so witzig finden, die allzu oft auch zu Unrecht als käuflich, rassistisch oder sadistisch angegangenen, frustrierten Idealisten in Streifenwagen und an Schreibtischen schon gar nicht. Bei Facebook gibt es bereits diverse entsprechende Kommentare. Aber Satire, die nicht schmerzt, ist keine.

Freunden derartiger Genre-Parodien seien die deutlich harmloseren "Weird Al Yankovic" (Zusammenschnitt) sowie "Flight of the Conchords" (Playlist) empfohlen.

Böhmermann derweil könnte mit seinem Geniestreich "Ich hab Polizei" mehr erreichen als ein paar vergossene Lachtränen und Likes in eigener Sache. Nicht im Kampf gegen Polizeigewalt. Aber vielleicht gegen jene von Straßenschlägern. Indirekt. Weil ab jetzt eigentlich endgültig niemand mehr Gangsta-Rap ernstnehmen kann.

(tojo)
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