Heiko Maas Facebook-Hetze in 24 Stunden löschen

Berlin/Düsseldorf · Hassparolen sollen schneller aus dem Internet verschwinden. Das ist ein Ergebnis der von Justizminister Maas ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe. Kritiker werfen dem Minister vor, sich von Facebook vorführen zu lassen.

 "Wir gucken gerade sehr genau, was wir bei unseren Prozessen besser machen können", sagte Facebook-Sprecherin Tina Kulow.

"Wir gucken gerade sehr genau, was wir bei unseren Prozessen besser machen können", sagte Facebook-Sprecherin Tina Kulow.

Foto: dpa, lus wst cul

Jeden Tag schreiben Nutzer in Online-Plattformen wie Facebook, Twitter oder Youtube neue Kommentare, in denen sie zu Gewalt gegen Flüchtlinge aufrufen, Volksverhetzung betreiben oder Hassparolen gegen Andersdenkende und Andersgläubige verbreiten. Dem will Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) entgegentreten und hat nun mit den Unternehmen nach langem Ringen vereinbart, dass sie konkreter und konsequenter als bisher gegen Hetze auf ihren Seiten vorgehen. Facebook erklärte etwa das Ziel, künftig binnen 24 Stunden strafrechtlich relevante Inhalte von Nutzern zu löschen. Zudem sollen bei Facebook und anderen Netzwerken "anwenderfreundliche Mechanismen" zur Übermittlung von Beschwerden geschaffen werden, und Nutzerkonten könnten häufiger gesperrt werden.

Rechte Hetze im Netz explodiert

Im September hatte Maas eine Arbeitsgruppe ("Task-Force") gegen rechtswidrige Hassbotschaften im Internet gegründet, an der sich neben Google, Twitter und Facebook auch zivilgesellschaftliche Gruppen beteiligen. Denn wegen der sich zuspitzenden Flüchtlingskrise war die rechte Hetze im Netz explodiert, der Trend hält an - auch rechtsradikale Straftaten gegen Flüchtlingsheime nehmen zu. Bei der Internet-Beschwerdestelle Eco waren 2014 doppelt so viele Beschwerden über rechtsradikale und rassistische Inhalte eingegangen wie im Jahr zuvor. Und erst vor wenigen Wochen wurde ein Angeklagter wegen fortgesetzter Volksverhetzung im Netz zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Maas will nun im März erstmals Bilanz zu den getroffenen Vereinbarungen ziehen.

Der Minister musste Zähne zeigen in den Verhandlungen mit den fast ausschließlich US-amerikanischen Unternehmen, gebracht hat es kaum etwas. Meinungsfreiheit wird in den USA noch deutlich weiter ausgelegt als in Deutschland. Maas betonte nun erneut, niemand dürfe im Umgang mit Hassbotschaften firmeneigene Nutzungsbestimmungen über deutsches Recht stellen. Unterdessen verhandelten gestern Vertreter von EU-Staaten, Europaparlament und EU-Kommission über einheitliche Datenschutzregeln für Internet-Nutzer. Bis Weihnachten soll es einen Kompromiss geben, damit Verbraucher künftig mehr Kontrolle über persönlichen Daten bekommen.

Facebook ändert eigene Richtlinien

Im Kampf gegen Hetze hatte Facebook auf Drängen der Bundesregierung schon vor den Ergebnissen der Arbeitsgruppe den Prüfungsprozess für Kommentare verändert. "Wir gucken gerade sehr genau, was wir bei unseren Prozessen besser machen können", sagte Facebook-Sprecherin Tina Kulow Anfang November bei einem Besuch bei der Rheinischen Post.

Und tatsächlich hat Facebook die Interpretation eigener Richtlinien bei gemeldeten Hasskommentaren geändert: Gewaltandrohungen gegen Flüchtlinge werden inzwischen gelöscht. In anderen Ländern nimmt Facebook weiter eine Abwägung vor, ob die Gemeinschaftsstandards verletzt werden. Doch der Prozess ist noch nicht gut genug. Wohl auch deshalb ist Facebook kürzlich der "Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter" beigetreten. Aus deren Umfeld hieß es gestern, dass gemeinsame Maßnahmen, die Facebook im ersten Quartal 2016 umsetzen will, konkret finanzielle Hilfe für eine bessere personelle Ausstattung, aber auch die Unterstützung einer Schlichtungsstelle für Streitfälle beinhalten könnten.

Doch das Netzwerk will nicht verraten, ob die Zahl der Hassbotschaften zu- oder wieder abnimmt und in welchem Verhältnis andere problematische Inhalte durch Nutzer gemeldet werden. Bisher bleibt die angekündigte Transparenz also ein Versprechen. Und den Grünen gehen die Beschlüsse von Maas' Arbeitsgruppe nicht schnell genug. Sie erklärten, die Koalition dürfe nicht länger tolerieren, "wenn sich milliardenschwere Unternehmen ihrer Verantwortung entziehen".

(jd)
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