Digital-Training Google will den Mittelstand retten

Köln · In einem kostenlosen Trainingsprogramm sollen Kleinunternehmen und Mittelständler aus NRW ihre Digitalkenntnisse verbessern und dadurch mehr exportieren. Obwohl die Anbieter wie Google auch eigene Geschäftsinteressen verfolgen, unterstützt Wirtschaftsminister Duin das Projekt - denn der Bedarf ist in der Wirtschaft groß.

 In Trainingszentren in Köln, Dortmund und Münster will der Internetkonzern Mittelständler schulen.

In Trainingszentren in Köln, Dortmund und Münster will der Internetkonzern Mittelständler schulen.

Foto: dpa

Die Kabel, die in dem Gebäude an der Kölner Schanzenstraße hergestellt wurden, machten die Kommunikation zwischen Kontinenten möglich und verbanden die Welt. Knapp 100 Jahre ist es her, dass hier das Industrieunternehmen Felten und Guilleaume seinen Sitz hatte, ein Produzent von Erd- und Seekabeln. Doch das ist Geschichte. Heute beherbergt die ehemalige Seilerei den mächtigsten Internetkonzern der Welt: Google.

Der Ort ist passend für das, was der Internetkonzern vorhat. Auch er will Welten miteinander verbinden - die analogen Mittelständler sollen hier die Vorteile der Digitalisierung kennenlernen. "Weltweit wachsen" heißt das Projekt, dass Google mit Partnern aufgelegt hat. Dabei können Firmen auf der gleichnamigen Internetseite nicht nur sehen, wie oft auf den weltweite Absatzmärkten nach ihrem Produkt gesucht wird. Im Trainingszentrum in Köln sollen lokale mittelständische Firmen auch fit für den weltweiten Export gemacht werden - mit Hilfe des Internets. Bis Jahresende sollen mehrere tausend Unternehmen von dem Programm profitieren. Sie sollen lernen, wie ihre Produkte auf der ganzen Welt gefunden werden können. Und natürlich auch, wie ihr Unternehmen sie anschließend weltweit vertreiben kann.

Mittelständler sollen Internet-Vertrieb lernen

"Den Mittelständlern fehlen häufig Marketing- und Vertriebskenntnisse wenn es darum geht, das Internet zu nutzen", sagt Philipp Justus, Vice President von Google Deutschland. Dies gaben zuletzt auch 43 Prozent der Befragten in einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln an. In einem achtwöchigen Intensivprogramm will Google daher die Mitarbeiter interessierter Unternehmen zusammen mit Partnern wie der Commerzbank, dem Logistikunternehmen DHL oder dem Online-Bezahldienst PayPal schulen. Bislang gab es nach Angaben von Philipp Justus bereits mehr als 1000 Anmeldungen.

NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) freut besonders, dass Google das Projekt zunächst in Nordrhein-Westfalen startet. Neben dem Standort in Köln soll es zwei weitere in Dortmund und Münster geben. Das liegt vor allem an der großen Bedeutung des Mittelstandes im bevölkerungsreichsten Bundesland. "Von den 755.000 Unternehmen in NRW sind 99 Prozent Klein- und Mittelständler", so Duin, der die Schirmherrschaft für die Trainingszentren übernommen hat: "Dem Mittelstand kommt daher eine Schlüsselrolle beim Digitalen Wandel in unserem Bundesland zu." Funktioniert das Projekt in NRW, kann sich Google ähnliche Trainingszentren auch in anderen Bundesländern vorstellen.

Eine eigene Facebook-Seite reicht nicht

Der Internetkonzern und seine Partner verbinden mit dem für die Teilnehmer kostenlosen Angebot natürlich auch eigene Ziele. So sollen die Unternehmen beispielsweise die Vorteile von Google AdWords kennenlernen. Mit dem Programm können Firmen gezielte Werbeanzeigen in der Suchmaschine schalten.

Das weiß natürlich auch der Minister. Dass Duin das Projekt "Weltweit wachsen" dennoch unterstützt, liegt auch daran, dass viele Unternehmen in NRW noch sehr großen Nachholbedarf beim Thema Digitalisierung haben. "Manche Unternehmen glauben, sie seien in der digitalen Welt angekommen, nur weil sie bei Facebook sind", so Duin. Dabei müssten sie selbst viel aktiver werden, anstatt sich nur auf die Politik zu verlassen: "Ich kann kein Gesetz schreiben, dass der Mittelstand an der Digitalisierung teilnimmt, wir können nur die Rahmenbedingungen setzen."

(frin)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort