Veränderter Google-Algorithmus Nicht mal Bruce Willis kann den Mobilegeddon stoppen

Düsseldorf · Weil Google seinen Suchalgorithmus geändert hat, drohen viele Unternehmen in den Suchergebnissen abzurutschen. Die Entscheidung des Unternehmens hat unmittelbare Auswirkungen auf das Einkaufsverhalten von Millionen Menschen - und zwingt Online-Anbieter so zu Verbesserungen.

 Google hat seinen Suchalgorithmus verändert. Die Auswirkungen könnten für viele Unternehmen gravierend sein.

Google hat seinen Suchalgorithmus verändert. Die Auswirkungen könnten für viele Unternehmen gravierend sein.

Foto: dpa

Früher war es eine beliebte Scherzfrage unter Nerds: "Wo versteckt man im Internet am sichersten eine Leiche?" Antwort: Auf der zweiten Seite der Google-Suche. Oft endet die Suche damit, dass der erste, zweite oder dritte angezeigte Link angeklickt wird - auf die zweite Seite stoßen nur die wenigsten Nutzer vor, der Top-Treffer wird hingegen von jedem dritten Nutzer angeklickt. Für Unternehmen gilt daher: Wer nicht oben steht, verliert. Jeder Platz, den Firmen in den Suchergebnissen abrutschen, kann sich direkt auf die eigenen Umsätze auswirken. Entsprechend groß ist die Sorge, dass Google mit seiner aktuellen Änderung des Suchalgorithmus ein digitales Massensterben auslöst. "Mobilegeddon" hatten Teile der Netz-Gemeinde das virtuelle Weltuntergangsszenario in Anlehnung an den Film "Armageddon" entsprechend dramatisch getauft. Doch anders als in dem Action-Streifen kann diesmal nicht mal Bruce Willis den potentiellen Opfern helfen.

Google will künftig Internetseiten in seinen Suchergebnissen bevorzugen, die für die Ansicht auf Smartphones und Tablets optimiert sind. "Dieser Wechsel wird die Mobil-Suche in allen Sprachen weltweit betreffen und eine signifikante Auswirkung auf unsere Suchergebnisse haben", heißt es bei Google. Das gilt natürlich auch für Deutschland. Weil Google hier bei den Suchmaschinen einen Marktanteil von mehr als 90 Prozent hat, müssen sich praktisch alle Unternehmen, die im Internet gefunden werden wollen, Gedanken machen. Die Webseite TechCrunch hatte zuletzt berichtet, dass allein von den 500 wichtigsten Unternehmen der Welt 44 Prozent betroffen sein könnten. Zu den Verlierern zählte dabei unter anderem die Internetseite der Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway von Anleger-Legende Warren Buffet, die ebenso wenig für Mobilgeräte optimiert ist, wie in Deutschland die Seite des Online-Lexikons Wikipedia. In Deutschland hat laut einer Umfrage des Kölner Handelsforschungsinstituts ECC erst etwas mehr als die Hälfte aller Online-Shops ihre Seite für die mobile Nutzung optimiert. Rund 30 Prozent der befragten Online-Händler planen immerhin die Anpassung ihrer Seite an mobile Endgeräte.

Immer mehr Suchanfragen werden über Mobilgeräte gestellt

Google begründet seinen Schritt mit den veränderten Konsumgewohnheiten der Menschen. "Da immer mehr Menschen Mobilgeräte für den Zugriff auf das Internet verwenden, müssen sich unsere Algorithmen diesen Nutzungsgewohnheiten anpassen", heißt es etwa in einem offiziellen Blog-Eintrag des Unternehmens. Experten gehen davon aus, dass die Änderung noch gravierendere Auswirkungen hat als Projekt Panda, die bis dato letzte große Änderung des Algorithmus. Damals waren angeblich elf Prozent aller Suchanfragen betroffen. Das Ausmaß der Dimensionen wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Google pro Tag etwa 3,5 Milliarden Suchanfragen beantwortet.

Sobald die Änderungen vollständig durchschlagen, werden die nicht-optimierten Webseiten in den Suchergebnissen auf mobilen Geräten weiter hinten auftauchen. Dadurch wird sich plötzlich ändern, wo die Kunden online einkaufen, welche Restaurants ihnen empfohlen werden und wie sie ihren Urlaub buchen. Egal wie das Verfahren der EU-Kommission gegen Google wegen dessen vermeintlichem Missbrauch seiner monopolähnlichen Stellung ausgeht - dieser Vorgang allein zeigt, wie mächtig das Unternehmen aus dem kalifornischen Mountain View inzwischen geworden ist. Verbraucher dürften sich darüber natürlich freuen - viele Seiten werden in Zukunft durch den "sanften Druck" von Google deutlich komfortabler auf mobilen Geräten zu bedienen sein, weil Unternehmen sich den veränderten Suchbedingungen anpassen.

Das müssen Unternehmen beachten

Für die Unternehmen, die noch nicht mobil optimierte Seiten haben, bedeuten die Änderungen zunächst jedoch einigen Aufwand. Damit eine Webseite als benutzerfreundlich eingeordnet wird, sollte sich die Seite automatisch der Bildschirmgröße anpassen, Texte sollten ohne zu zoomen lesbar und Navigationselemente leicht mit dem Finger auf einem Touch-Display zu bedienen sein. Außerdem sollte die Seite keine Software verwenden, die auf Mobilgeräten in der Regel nicht funktioniert. So zeigen Apple-Geräte wie das iPhone beispielsweise keine Inhalte an, die über den Adobe Flash-Player laufen. Ob ihre Angebote ausreichend optimiert sind, können Webseitenbetreiber auch über eine entsprechende Google-Seite testen.

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Foto: Screenshot Google

Ändern sie ihre Webseiten nicht, tauchen sie demnächst bei mobilen Suchanfragen wohl weiter hinten in den Ergebnissen auf - und gefährden damit ihr eigenes Geschäftsmodell. Spätestens dann wird ihnen beim Witz über die zweite Google-Seite das Lachen im Halse stecken bleiben.

(frin)
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