Gamechurch trifft Gamescom "Jesus liebt Gamer"

Lemgo · Am Mittwoch startet die weltweit größte Videospielmesse, die "Gamescom". Dort ist auch die "Gamechurch" anzutreffen. Das Projekt will Glaube und Computerspiele unter einen Hut bringen. Das stößt aber auch auf Ablehnung.

Stundenlang vor der Konsole sitzen, Cola trinken und Chips knabbern: ein Traum für Daniel Schmidt. Der 23-jährige ist leidenschaftlicher Gamer - wie sich die Mitglieder der Szene nennen. Und er ist engagierter Christ. "Die Gamerkultur ist sehr groß, stößt aber in kirchlichen Kreisen oft auf Ablehnung", erklärt Schmidt. Also suchte er nach einer Möglichkeit, Glaube und Videospiele zu verbinden: Er gründete "Gamechurch" in Deutschland.

Am morgigen Mittwoch startet die diesjährige "Gamescom" in Köln. Auf der weltweit größten Messe für interaktive Spiele und Unterhaltungselektronik ist dann auch das Team um Schmidt zu finden. An einem Stand, der mit dem Gamechurch-Logo beflaggt ist: einem Bild, dass Jesus mit Spielecontroller und Headset zeigt. Dort versuchen sie, mit der Gamingszene über Gott und die Welt zu reden.

Laut Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) spielt knapp jeder zweite Deutsche Videospiele. Rund 29 Millionen Bundesbürger nehmen mehrmals im Monat oder noch häufiger den Joystick in die Hand. Die rund 15 Gamer um Schmidt treffen sich wöchentlich in der "Arena" im nordrhein-westfälischen Lemgo.

"Arena ist eigentlich übertrieben", sagt Schmidt, "denn der Raum ist gerade einmal 25 Quadratmeter groß". Dann stehen Spiele wie die Ego-Shooter "Call of Duty" oder "Counter Strike" auf dem Plan, aber auch das Fußballspiel "Fifa 15" gehört zu den Lieblingen der Szene. Und klar, über Glaube und Gott wird auch gesprochen - "aber nur, wenn jemand Bock hat", betont Schmidt.

Die Idee, Kirche und Videospiele zu verbinden, stammt aus den USA. Dort wurde "Gamechurch" 2011 gegründet. Seitdem sind die Mitglieder auf Spielmessen anzutreffen. "Dort sagen wir dir, dass dich Jesus liebt", erklärte Mikee Bridges, der Gründer der Gamechurch, dem Internetportal "vice.com". Zudem werden T-Shirts mit dem Aufdruck "Jesus liebt Gamer" verkauft - irgendwie muss das Projekt auch finanziert werden.

Bridges empfand das amerikanische Christentum als verurteilend. Als Alternative schuf er die "Gamechurch". "Wir wollen, dass die Menschen eine Message verstehen und zwar nur eine: Jesus liebt dich", sagte er. "Es ist egal, wer du bist, es ist egal, was du tust, es ist egal, wo im Leben du dich befindest."

Seit knapp einem Jahr ist "Gamechurch" nun auch in Deutschland aktiv. Den Vorwurf, dass er Jugendliche anlocken und sie durch die Hintertür missionieren will, weißt Daniel Schmidt von sich. "Klar ist es schön, wenn die Gamer über Gott und Jesus sprechen wollen", sagt der Student der Erziehungswissenschaft. Aber in erster Linie gehe es um den Spaß an Videospielen.

Die meisten Jugendlichen sind katholisch, evangelisch oder gehören Freikirchen an - "aber manchmal kommen auch welche, die einfach nur Spaß haben wollen". Dann behält Schmidt seine theologischen Gedanken bei sich, "denn meine Wahrheit entspricht vielleicht nicht der Wahrheit des anderen".

Für den Spaß wird einiges geboten: In der "Arena" stehen zwei PCs, zwei Xbox One, eine Playstation 4, eine Playstation 3, und es wurde eine Retro-Ecke eingerichtet - das kostet. "Durch Spenden und Sponsorpartner konnten wir aber alles finanzieren", erklärt Schmidt.

Dass es im Kern aber doch nicht nur um den Spaß an interaktiven Spielen geht, zeigt die sogenannte Gamerbibel. Dieses Buch beinhaltet das Johannesevangelium mit einem auf Videospielfans zugeschnittenen Kommentar. "Es soll das Christentum und die Gamerkultur vereinen", sagt Schmidt. Und pünktlich zur Gamescom soll auch die deutsche Übersetzung aus dem Druck kommen.

Gegenwind bekommen die christlichen Spieler nach eigener Aussage vor allem aus dem konservativen Lager. Manche werfen der Gamechurch vor, dass sie den Glauben missbrauchen, um mit gutem Gewissen Gewaltspiele spielen zu können. Schmidt geht mit der Kritik jedoch locker um: "Die wollen doch nur Stress machen."

Auch wenn die Mittzwanziger um Schmidt in Videospiele vernarrt sind, erfüllen sie nicht alle gängigen Klischees. Denn jetzt im Sommer - bei über 30 Grad - ist die "Arena" leer. Dann liegen sogar die leidenschaftlichen Spieler am See - aber wahrscheinlich mit einem Handheld-Spielekonsole.

(KNA)
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